Nicht mal eine Woche ist es her, dass der Schauspieler Anthony Rapp erstmals Vorwürfe gegen Kevin Spacey öffentlich machte. Spacey habe ihn vor etwas mehr als 30 Jahren sexuell bedrängt, als Rapp erst 14 Jahre alt war. Seitdem meldeten sich diverse weitere Männer zu Wort, die Spacey ebenfalls unangemessenes Verhalten und sexuelle Belästigung vorwarfen - darunter auch Mitarbeiter seiner aktuellen Serie "House of Cards", bei der er nicht nur als Hauptdarsteller, sondern auch als Executive Producer tätig war. Von einer "vergifteten Atmosphäre" am Set war die Rede.
Spätestens damit war eigentlich klar, dass man mit der Produktion nicht ohne weiteres würde fortfahren können. Schon nach Bekanntwerden von Rapps Vorwürfen hatte Netflix die Produktion der geplanten letzten Staffel umgehend auf Eis gelegt. Nun machte der Streaming-Dienst klar: Man werde sich an keiner weiteren Staffel von "House of Cards" beteiligen, in die auch Kevin Spacey involviert sei. Die Produktionsfirma Media Rights Capital hat Spacey inzwischen suspendiert - der erste Schritt zu einer vollständigen Trennung.
Wie es nun mit der Serie weiter gehen wird, ist noch unklar. Ursprünglich fiel schon vor Monaten und unabhängig von den nun bekannt gewordenen Vorwürfen die Entscheidung, die Serie nach der sechsten Staffel zu beenden. Nun ist guter Rat teuer, wie man eines der größten Aushängeschilder von Netflix womöglich auch ohne Spacey zu einem runden Abschluss bringen könnte. Man werde weiter mit der Produktionsfirma Media Rights Capital zusammenarbeiten, um seinen weiteren Weg in Bezug auf die Serie zu finden, heißt es in dem Netflix-Statement. Denkbar wäre beispielsweise, in einer letzten Staffel stattdessen Claire Underwood in den Mittelpunkt zu rücken und die Rolle des Frank Underwood aus der Serie rauszuschreiben. Auch mögliche Spinoffs werden seit längerem diskutiert.
Für Netflix wäre ein unrühmliches und offenes Ende für "House of Cards" auch deswegen schmerzhaft, weil der Streaming-Dienst mit kaum einer anderen Serie so stark verbunden ist wie mit "House of Cards". Sie war es, die Netflix erstmals auf den Schirm bei Kritikern und Preisverleihungen hob und begründete damit das Prestige, das Netflix heute in Sachen hochwertiger Serienproduktion genießt.
Die Trennung von Netflix und Kevin Spacey betrifft unterdessen nicht nur die Serie "House of Cards": Auch den geplanten Film "Gore" - ein Biopic über das Leben von Gore Vidal mit Kevin Spacey in der Hauptrolle - werde man nicht veröffentlichen. Der von Spacey auch produzierte Film befand sich bereits in der Postproduktion und wird nun nicht den Weg auf den Bildschirm finden - zumindest nicht bei Netflix.