Schon seit Wochen schwelt ein Streit zwischen Öffentlich-Rechtlichen auf der einen und Zeitungsverlegern auf der anderen Seite. Weil die Ministerpräsidenten derzeit an einem neuen Rundfunkstaatsvertrag arbeiten, verwundert das nicht weiter - jede Seite will ihre Wünsche so gut es geht durchdrücken. Mathias Döpfner, Axel-Springer-Chef und zugleich Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), hat im Zuge dessen in der Vergangenheit öfters von "Staatspresse" im Bezug auf ARD und ZDF gesprochen, wobei ihm vor allem die Online-Berichterstattung der ARD ein Dorn im Auge ist.
Auf der Mitgliederversammlung des BDZV Mitte September erklärte Döpfner wörtlich: "Wir erleben im Netz nach wie vor eine mit öffentlich-rechtlichen Geldern finanzierte Flut textbasierter Gratis-Angebote, eine gebührenfinanzierte Staatspresse, die den Wettbewerb verzerrt und uns Presseverlagen kaum Entfaltungsmöglichkeiten lässt." Für diese Aussage erntete er viel Kritik, nicht nur von ARD und ZDF. Auch DJV-Chef Frank Überall kritisierte Döpfners Aussagen kurz darauf.
Am Donnerstag hat sich nun die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse in der Sache zu Wort gemeldet und noch einmal nachgelegt. "Wir fühlen uns diskreditiert, wenn Sie uns als Staatsfunk bezeichnen und uns damit unterstellen, dass wir uns politisch steuern lassen. Das ist komplett abwegig", heißt es in einer Erklärung. "Wir fragen uns, warum Sie mit solchen Äußerungen unsere Arbeit verunglimpfen und sich damit selbst in die Nähe von Rechtspopulisten stellen. Sie bedienen ein Klima, das uns JournalistInnen der öffentlich-rechtlichen Medien an den Pranger stellen soll."
Die Redakteure der öffentlich-rechtlichen Sender fordern darüber hinaus mehr Zusammenhalt gegen Fake News und populistische Parolen. "Liebe Kolleginnen und Kollegen, fällt es Ihnen eigentlich nicht auf, dass Sie mit dieser Kampagne auch den Journalismus insgesamt beschädigen?", so die Journalisten weiter.
Bei Döpfner selbst hat diese Erklärung ganz offenbar einen wunden Punkt getroffen. Er veröffentlichte am Donnerstag einen Offenen Brief und offenbarte dort erstaunlicherweise, dass er die Sache mit der "Staatspresse" gar nicht so gemeint habe. Er sagt, er habe immer im Konjunktiv formuliert. Also: Wenn die ARD online so weiter machen würde wie bisher, würden Verlagsangebote sterben - dann entstünde eine Staatspresse. "Dieses Konjunktiv-Szenario als Vorwurf miss zu verstehen, die Journalisten der ARD seien ‘Staatspresse’, ist böswillig. Gemeint war es so nie." Döpfner hat also offensichtlich vergessen, war er vor eineinhalb Monaten gesagt hat - oder macht nun einen Rückzieher.
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Fest steht aber: Döpfner hat in der Vergangenheit nicht nur vor einer möglichen "Staatspresse" gewarnt, sondern sie schon als Status Quo beschrieben. In Richtung der öffentlich-rechtlichen Journalisten sagt der BDZV-Chef nun, dass es ihm nicht darum gehe, sie zu diskreditieren. "Immer wieder betonen wir in Interviews, Reden oder Beiträgen, welch wichtige Rolle das öffentlich-rechtliche Fernsehen für den Qualitätsjournalismus in Deutschland spielt, wie sehr wir das duale System bejahen und erhalten möchten und vor allem, wie groß unser Respekt vor den Leistungen der Journalistinnen und Journalisten von ARD und ZDF ist. Das sind keine Lippenbekenntnisse, sondern tiefe Überzeugungen." Gerade deshalb mache man sich aber Sorgen um die Balance des dualen Systems in Deutschland. "Das ZDF ist von dieser Kritik ausdrücklich auszunehmen. Und selbstverständlich sind mit dieser Kritik auch nicht die Journalistinnen und Journalisten von ARD und ZDF gemeint."
Die Forderung nach mehr Zusammenarbeit gegen Fake News unterstütze er, sagt Döpfner. Das könne aber nur gelingen, wenn auch die Verlage eine wirtschaftliche Überlebensperspektive in der digitalen Welt hätten. "Unsere Forderung ist ganz einfach: Die Online-Angebote der ARD sollten so aussehen wie die des ZDF. Das heißt: im Wesentlichen auf Video und Audio-Angeboten basierend, der Textanteil deutlich unter 30 Prozent."