Eine Gruppe von Wissenschaftlern und Vertretern der Zivilgesellschaft hat sich am Wochenende in einem Offenen Brief hat die Ministerpräsidenten der Länder gewandt und zehn Thesen zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks veröffentlicht. Man stehe für starke öffentlich-rechtliche Medien auch in der Zukunft, der Ausgangspunkt der Reformüberlegungen dürfe nicht in erster Linie von finanziellen und Einsparüberlegungen getrieben sein. Es gehe darum zu definieren, welchen Auftrag ARD und ZDF unter den Bedingungen der digitalen Medienwelt erfüllen sollen.
Die Gruppe der Wissenschaftler sagt: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist für eine funktionierende Demokratie systemrelevant." Daher müssten ARD und ZDF "adäquat ausgestattet" bleiben. Zuletzt befürchtete der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), der Telemedienauftrag von ARD und ZDF könne "uferlos" werden (DWDL.de berichtete). Diese Befürchtung haben die Wissenschaftler nicht, im Gegenteil: Sie wollen Restriktionen für ARD und ZDF im Internet abschaffen. Dennoch glaubt man auch dort, dass es zu Veränderungen kommen muss.
Mit einer der Thesen ("Gäbe es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht, müsste man ihn gerade jetzt erfinden.") machen sich die Wissenschaftler beim VPRT aber wohl kaum Freunde. Bezüglich der Transparenz lobt man in dem Offenen Brief die Bemühungen der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, dennoch will man mehr. So sollen die Gremien öffentlich tagen und verstärkt den Austausch mit dem Publikum suchen. Zudem fordern die Wissenschaftler, dass sich ARD und ZDF nicht mehr so stark an den Einschaltquoten orientieren sollen.
Das Verbot von lokaler Berichterstattung wollen die Wissenschaftler lockern - "soweit für bestimmte Gebiete eine lokale Berichterstattung nicht mehr existiert bzw. Meinungsmonopole der publizistischen Konkurrenz bedürfen." Zudem wollen die Wissenschaftler überprüft wissen, inwieweit auf "klassische Angebote" verzichtet werden kann, sollte sich das Internet als Leitmedium herausstellen und ein Großteil von ARD und ZDF künftig im Netz stattfinden.
Unterschrieben ist der Offene Brief von etlichen Personen der Zivilgesellschaft: Sich angeschlossen haben unter anderem Markus Beckedahl (netzpolitik.org), Leonhard Dobusch (Betriebswirt, Jurist, Mitglied im ZDF-Fernsehrat), Dieter Dörr (Professor für Medienrecht), Julia Reda (Europäisches Parlament), Tabea Rößner (Bundestagsabgeordnete, Grüne) und Frank Werneke (stv. Vorsitzender ver.di).