Als Mehmet Scholl kürzlich mal wieder für einen Aufreger sorgte, weil er offenbar lieber nicht über Doping sprechen wollte und daher kurzerhand seinen Auftritt beim Confed-Cup absagte, da wurde in erhitzter Diskussion schnell auch wieder sein vermeintliches Millionengehalt gegen ihn vorgebracht. Das rührt noch aus dem vergangenen Sommer her. Damals hieß es in einem Bericht, Scholl streiche 1,6 Millionen Euro an Gehalt ein, auch Kahn liege jenseits der Millionen-Marke. Sender und Betroffene dementierten aufs heftigste, von "eklatanter Falschmeldung" und "vorsätzlicher Bösartigkeit" war zu hören und lesen.
Hängen geblieben ist der Betrag trotzdem - und man kann diesem Eindruck eben auch nur schwer entgegenwirken, weil ARD und ZDF zwar dementierten, aber keine korrekten Zahlen nennen wollten, noch nicht mal einen groben Korridor. Deutlich wurde damit: Auch wenn sich die ARD-Vorsitzende Karola Wille also eine verbesserte Transparenz groß auf die Fahnen geschrieben hat, sind dieser doch weiterhin enge Grenzen gesetzt. Das fängt bei der - fraglos besonders sensiblen - Gehalts-Frage an und hört selbst bei den Kosten der Bundesliga-Rechte, die ein Unternehmen wie Sky offenmütig nennt, noch lange nicht auf.
Wie weit die Transparenz gehen kann und soll, lässt die ARD nun erstmal extern klären. "Weil diese Fragen ja vielgestaltig sind, haben wir und den Verfassungsrechtler Paul Kirchhof geholt, der eine juristische Bewertung für uns vornimmt. Man muss das Wettbewerbsrecht betrachten, das Kartellrecht, Persönlichkeitsrechte", erläuterte Wille im Februar in einem "Journalist"-Interview. Insbesondere in der emotionalen Gehälter-Frage werden die Sender aber kaum von sich aus auf die Idee kommen, sie offenzulegen. Nötig wäre hier eine Vorschrift durch die Politik, wie es sie bei den Intendantengehältern inzwischen schon gibt - und wie sie in Großbritannien gerade für die Top-Verdiener der BBC auch für das Personal vor der Kamera umgesetzt wurde.
Dort lässt sich nun für jedermann nachlesen, dass Chris Evans im vergangenen Jahr rund 2,2 Millionen Pfund auf sein Konto überwiesen bekam, Graham Norton knapp 900.000, der Fußball-Experte Alan Shearer über 400.000 Pfund. Auch die BBC veröffentlichte diese Zahlen nicht freiwillig, sondern zähneknirschend auf Geheiß der Regierung. Ein Modell, das auch hierzulande denkbar wäre? Wir haben bei Medienpolitikern der einzelnen Parteien nachgefragt - und grundsätzlich ist von allen zu hören: Mehr Transparenz ist wünschenswert. Bei der Frage nach einer Offenlegung nach BBC-Vorbild ist man hingegen insbesondere bei den großen Parteien zurückhaltender.
Marco Wanderwitz, medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erklärt auf DWDL.de-Anfrage: "Noch mehr Transparenz bei den Ausgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist wünschenswert. Die öffentliche Kenntnis der genaue Höhe der Gehälter von Stars und z. B. Sportexperten wäre aber ein Wettbewerbsnachteil für ARD und ZDF gegenüber den Privaten im Kampf um die beliebtesten Fernsehtalente. Es reicht aus meiner Sicht daher aus, wenn die Aufsichtsgremien, also die Rundfunk- und Fernsehräte, die Stargehälter kennen und so kontrollieren können. Daher begrüße ich, dass die Intendanten der ARD 2016 ein Verfahren beschlossen haben, dass die Information der Aufsichtsgremien bei den entsprechenden Verträgen sicherstellt. Es ist zu prüfen, ob sich dieses Verfahren bewährt und die Räte hierbei auch Einfluss nehmen können. Die Rolle der Rundfunk- und Fernsehräte muss weiter gestärkt werden."
Bei den kleineren Parteien steht man der Idee aufgeschlossener gegenüber. Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, erklärt: "Ich halte eine Transparenz der öffentlich-rechtlichen Sender über die Höhe der Spitzengehälter, die sie zahlen, für eine gute Idee. So kann das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wieder gestärkt werden. Zudem kann man so den Spekulationen über die Höhe von Gehältern von zum Beispiel Sportmoderatoren Einhalt gebieten. Die Rundfunkgremien sind gefordert, zu diskutieren, wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Verhältnismäßigkeit bei den Spitzengehältern gewahrt werden kann.
Die AfD hat auf unsere Anfrage bislang nicht reagiert. Bei aller Forderung nach mehr Transparenz: Insbesondere angesichts der Haltung der beiden großen Parteien klingt das erstmal nicht danach als müssten ARD und ZDF hierzulande eine ähnliche Regelung wie die BBC befürchten.