"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt selbst ist es, der den Schritt in der aktuellen Ausgabe der Zeitung ankündigt: Die Arte-Doku "Auserwählt und ausgegrenzt - Der Hass auf Juden in Europa" ist seit Mitternacht für 24 Stunden bei Bild.de zu sehen. Zuvor wurde bekannt, dass Arte den Film aufgrund angeblich handwerklicher Fehler der Produzenten nicht zeigen wird. Der Kultursender kritisierte Anfang Mai, dass der fertige Film nur wenig mit dem in Auftrag gegebenen Projekt zu tun habe. Zuletzt schaltete sich der Zentralrat der Juden in die Debatte ein, Arte und der für die Produktion zuständige WDR blieben aber bei ihrer Meinung (DWDL.de berichtete).
"Seit Wochen wird bis in die höchsten Ebenen der Politik über diese - von Gebührengeldern produzierte - Dokumentation diskutiert. Ohne dass die Bürger sie sehen dürfen. Ohne dass sie sich ein Urteil bilden können", schreibt Julian Reichelt in der aktuellen "Bild"-Ausgabe. Der Verdacht liege nahe, so Reichelt weiter, dass die Doku nicht gezeigt werde, weil sie "politisch nicht genehm" sei. Daher habe man sich für eine Veröffentlichung entschieden.
Unklar ist, inwiefern Axel Springer nun rechtliche Konsequenzen fürchten muss, die Rechte an dem Film liegen nämlich eigentlich bei Arte. Der WDR wies zuletzt Forderungen zurück, man solle die Doku doch einfach im eigenen Programm zeigen und verwies auf die Rechtelage (DWDL.de berichtete). Dass Bild.de den Film nun zeigt, ist wohl eher nicht im Sinne der öffentlich-rechtlichen Anstalt. Zuletzt kündigte der WDR an, man wolle noch einmal prüfen, ob die Doku den journalistischen Standards und Programmgrundsätzen des WDR entspreche.
Reichelt geht in seinem Text nicht auf die Bedenken des WDR ein, schreibt stattdessen, dass Deutschland ganz sicher nicht das Land sei, in dem antisemitische Vorurteile beschönigt, verschwiegen oder übertüncht werden sollten. "Unsere historische Verantwortung verpflichtet uns, den Unsäglichkeiten entschlossen entgegenzutreten, die diese Dokumentation belegt. [...] Der Kampf gegen Antisemitismus ist in Deutschland ein überragendes Interesse." Dennoch soll der Film nicht nur isoliert gezeigt, sondern "redaktionell eingeordnet" werden. In dem entsprechenden Artikel weist Bild.de unter anderem darauf hin, dass die Aussage einer Linken-Politikerin in der Doku nicht belegt ist.