Er war der einzige Kandidat, der zur Wahl stand - und doch war im Vorfeld längst nicht klar, ob Stefan Raue zum neuen Intendanten des Deutschlandradios gewählt wird. Am Ende wurde es tatsächlich äußerst knapp: Der 58-Jährige erhielt am Donnerstag im Hörfunkrat 26 Stimmen und damit exakt so viele wie für eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt wurden. Es gab neun Gegenstimmen und eine Enthaltung.
Raue, bislang trimedialer Chefredakteur beim Mitteldeutschen Rundfunk, wird sein neues Amt zum 1. September antreten. Er tritt damit die Nachfolge von Willi Steul an der Spitze des nationalen Hörfunks mit seinen Programmen Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova an. Seine Laufbahn begann der Journalist einst beim WDR, danach folgten Stationen bei der Deutschen Welle sowie beim ZDF.
Dass Raue nun zum Intendanten gewählt wurde, war im Vorfeld keineswegs klar. Seit Monaten hatte hinter den Kulissen ein Streit um die Personalie iund den Wahlvorgang getobt. Im Hörfunkrat hatte es Kritik gegeben, weil der für die Suche eines neuen Intendanten verantwortliche Verwaltungsrat den MDR-Mann einstimmig vorschlug. Zuvor seien verschiedene Kandidaten "heruntergeklüngelt" worden, wie es der "Tagesspiegel" einmal nannte.
Ein Teil des Hörfunkrats hätte wohl lieber Andreas-Peter Weber, seines Zeichens Programmdirektor des Deutschlandradios, als neuen Intendanten gesehen. Er gehörte neben Raue sowie Eckart Gaddum, der beim ZDF die Abteilung Neue Medien leitet, und dem scheidenden Intendanten der Berliner Philharmoniker, Martin Hoffmann, zum Kreis der Kandidaten, den eine Findungskommission aus WDR-Intendant Tom Buhrow, ZDF-Intendant Thomas Bellut, dem Chef der Berliner Senatskanzlei Björn Böhning (SPD) und Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) im Vorfeld benannt hatte.
Nun hat es Stefan Raue aber doch noch geschafft - wenn auch denkbar knapp. Dass überhaupt ein neuer Intendant gesucht wurde, hängt damit zusammen, dass Willi Steul, seit 2009 im Amt und nicht weniger umstritten, seinen vorzeitigen Rückzug angekündigt hatte. Ursprünglich wäre zweite Amtszeit erst 2019 zu Ende gegangen.