Der Rundfunkstaatsvertrag in seiner aktuellen Fassung sieht vor, dass Sender, die mehr als zehn Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum erreichen, Sendezeit in ihrem Programm für unabhängige Dritte freiräumen müssen. Es ist eine Regel, die vor allem aus der Zeit der begrenzten Kapazitäten im Kabel kommt, die aber weiter Bestand hat. Betroffen sind davon bislang Sat.1 und RTL. Während Sat.1 sich seit inzwischen seit vielen Jahren einen Rechtsstreit mit der zuständigen Landesmedienanstalt liefert - und wegen Fehlern in der Vergabe zuletzt die Sendungen auch nicht mehr ausstrahlen musste - blieb es bei RTL vergleichsweise ruhig.
Doch glücklich ist man auch dort mit der Situation nicht. Als 2014 ein Gericht wegen Formfehlern beschloss, dass RTL zur Ausstrahlung vorübergehend nicht verpflichtet sei, nahm RTL "Stern TV", "Spiegel TV" und "10 vor 11" aus dem Programm. Die Auszeit währte anders als bei Sat.1 aber nur kurze Zeit und letztlich legte man den Rechtsstreit um die Vergabe der Zulassung an dctp außergerichtlich bei. Mitte 2018 läuft die aktuelle Lizenzperiode für die unabhängigen Dritten nun ab. Wer dann zum Zuge kommt, ist noch unklar - sicher ist aber, dass RTL auch danach die Drittanbieter nicht los wird.
Zwar kam RTL im maßgeblichen Referenzzeitraum zwischen März 2016 und Februar 2017 nur noch auf einen durchschnittlichen Marktanteil von 9,55 Prozent beim Gesamtpublikum, fiel nun also auch als letzter Privatsender unter die 10-Prozent-Marke - nun greift aber eine zweite Regelung: Wenn eine Sendergruppe zusammen mehr als 20 Prozent Marktanteil erreicht, dann ist der stärkste Sender der Gruppe trotzdem zur Einrichtung der Fensterprogramme verpflichtet. Die RTL-Gruppe kam nach Berechnung der Medienanstalten zusammen auf 23,3 Prozent. Die NLM als zuständige Landesmedienanstalt wird nun also die Sendezeiten neu ausschreiben.
Auch bei Sat.1 kehren Ende Mai nun übrigens die unabhängigen Dritten ins Programm zurück. Dann läuft dienstags kurz nach Mitternacht die "Dinner Party", ein Talk mit Marlene Lufen, samstags um 19 Uhr hält "Grenzenlos - Die Welt entdecken" Einzug ins Sat.1-Programm. Sat.1 geht allerdings juristisch weiterhin gegen die Verpflichtung zur Ausstrahlung vor. Weder Sat.1 noch die Gruppe überschreiten dort inzwischen noch die entsprechenden Marktanteils-Schwellen. Die Landesmedienanstalt steht hier aber auf dem Standpunkt, dass die Anteile zu Beginn des Verfahrens ausschlaggebend sind - und weil man mehrere neue Anläufe gebraucht hat, liegt dieser Beginn nun schon mehrere Jahre zurück.