In Österreich wird schon seit Monaten recht unverblümt über vorgezogene Neuwahlen noch in diesem Jahr diskutiert. Im Mittelpunkt dieser Diskussionen stand bislang auch immer ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, der in der Regierung gleichzeitig auch Vizekanzler ist. Seit einiger Zeit geht es gefühlt nur noch darum, wann Außenminister Sebastian Kurz Mitterlehner ablöst. Mit ihm hätte die Partei wohl deutlich bessere Chancen auf den Wahlsieg, Kurz ist jung und kommt unverbraucht daher. Das muss man wissen, wenn man die Gründe für die Regierungskrise in Österreich verstehen will.
Nun ist Mitterlehner zurückgetreten, am Mittwoch hat er auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern angekündigt. In seiner Rede ging er auch noch einmal auf die Gründe ein und kritisierte seine eigene Partei scharf. Doch vor allem der ORF bekam sein Fett weg. So habe er, sagte Mitterlehner vor Journalisten, am Dienstagabend mit seiner Familie über die Situation geredet. Den letzten Ausschlag für den Rücktritt habe dann aber die jüngste Ausgabe Nachrichtensendung "ZiB 2" gegeben. Die "ZiB 2" ist die wichtigste Nachrichtensendung im Land.
Mitterlehner und die Regierungskrise waren das erste Thema der Sendung am Dienstag. Bebildert hatte die Redaktion das für einige Sekunden mit einem Ausschnitt aus dem Film "Django - Die Totengräber warten schon". Moderator Armin Wolf führte aus: "Reinhold Mitterlehner hat sich ja durchaus gerne als Django inszenieren lassen." Inzwischen erinnere sich Mitterlehner von den vielen Django-Filmen vielleicht am ehesten noch an den mit den Totengräbern, sagte Wolf und leitete dann zu den aktuellen Geschehnissen über.
Bei Mitterlehner kam diese Darstellung offenbar nicht sonderlich gut an. Auf der Pressekonferenz sagte er: "Wenn ich im Rabenhof Theater bin oder die 'Tagespresse' (Satire-Portal, Anm.) lese, finde ich das pointiert und gut inszeniert, da kann ich dann vielleicht sogar lachen. Am Schluss haben ja auch die Totengräber ihr Ende gefunden und Django überlebt immer. Aber für ein öffentliches Medium, das Leitmedium im Land, finde ich das nicht pointiert, sondern fehl am Platz." Es sei dem ORF nicht um die Inszenierung, sondern um den Menschen dahinter gegangen.
Im Laufe der Pressekonferenz fühlt sich Mitterlehner schließlich noch bemüßigt zu betonen, dass er "kein wehleidiger Mensch" sei, wenn es um den Umgang der Presse mit ihm gehe. Dennoch kommt er am Ende seines Monologs noch einmal auf den ORF zu sprechen. Dann nämlich, als er Dinge aufzählt, die er gerne noch realisiert hätte. Ein "Volksbegehren für einen objektiven ORF" sei auch so etwas gewesen, so der künftige Ex-Vizekanzler. Den ORF-Journalisten im Raum rief er zu, sie müssten nicht so sauer schauen.
In Österreich wird schon seit Wochen über ein mögliches ORF-Volksbegehren spekuliert. Die Politik ist mal wieder angefressen, weil sie angeblich nicht so gut dargestellt wird, wie sie es eigentlich gerne hätte. Angeblich gibt es für das Vorhaben eine parteiübergreifende Mehrheit, doch es kamen auch schon kritische Stimmen auf. Zuletzt beschwerte sich der ehemalige ÖVP-Spitzenpolitiker Erwin Pröll bitterlich über den ORF, nachdem Armin Wolf ihm in einem Interview kritische Fragen gestellt hatte. Weil dann auch interne Kritik an der Interviewführung im Sender aufkam, stellte sich ORF-Chef Alexander Wrabetz öffentlich hinter Wolf (DWDL.de berichtete). Schließlich verteidigte auch Bundeskanzler Christian Kern den Interviewstil von Wolf - auch das dürfte nicht zu einer bessere Stimmung in der Koalition beigetragen haben.