Die österreichische ProSiebenSat.1-Tochter, die auf den noch handlicheren Namen ProSiebenSat.1 Puls 4 hört, hat die ATV-Sendergruppe von Tele München übernommen. Die beteiligten Unternehmen meldeten an diesem Donnerstag Vollzug, nachdem zuvor die Bundeswettbewerbsbehörde, der Bundeskartellanwalt und die österreichische Medienbehörde grünes Licht gegeben hatten. Unter dem neuen Eigentümer steht ATV nun eine harte Sanierung ins Haus.
ATV werde zwar als Vollprogrammsender bestehen bleiben, doch Vermarktung, Standorte, technischer Betrieb und Studios sollen bis zum Jahresanfang 2018 mit der ProSiebenSat.1 Puls 4-Gruppe zusammengeführt werden. Ab sofort werde man zudem in Sachen Verwaltung und Einkauf eng zusammenarbeiten. ATV bekommt mit dem Eigenümerwechsel auch eine neue Leitung: Thomas Gruber, bislang Programmdirektor in der Geschäftsleitung von ProSiebenSat.1 Puls 4, wird ATV-Programmgeschäftsführer. Er verantwortet gemeinsam mit Bernhard Albrecht, Finanzchef von ProSiebenSat.1 Puls 4, die Sanierung und die Fusion. Der bisherige Geschäftsführer Martin Gastinger geht von Bord.
Albrecht spricht von einer "dringend nötigen wirtschaftlichen Sanierung" und kündigt den Abbau von rund 70 Stellen im Laufe dieses Jahres an. Laut Firmenbuch hat ATV insgesamt nur etwa doppelt so viele Mitarbeiter. Etwa 20 offene Stellen gibt es derzeit bei ProSiebenSat.1 Puls 4, die man nun bevorzugt ATV-Mitarbeitern anbieten wolle. Für alle anderen verspricht man eine durch einen Sozialplan abgesicherte Lösung. Im Zuge der Sanierung werde man nun umgehend auch mit allen Partner und Lieferanten von ATV sprechen, um die Verträge zusammenzuführen.
Der neue ATV-Programmgeschäftsführer Thomas Gruber erklärt: "Durch die Integration in die ProSiebenSat.1 PULS 4-Sendergruppe und die notwendige Umsetzung der geplanten Sanierung sichern wir die Position von ATV im österreichischen TV-Markt nachhaltig und ermöglichen dem Sender neue Wachstumschancen. ATV ergänzt das ProSiebenSat.1 PULS 4-Portfolio sehr gut und kann mit den weiteren Sendern der Gruppe wirkungsvoll vermarktet werden. Durch eine sinnvolle Komplementär-Programmierung zwischen PULS 4 und ATV schaffen wir mehr österreichisch geprägte Prime-Time-Angebote für die Zuschauer und eine klarere Positionierung von ATV."
Tele-München-Boss Herbert Kloiber, der ATV in einem Interview als seinen "größten Fehler" bezeichnet hatte, sagte nach dem Verkauf: "Wir haben uns schlussendlich dazu entschlossen, die Sendergruppe ATV zu veräußern, da ATV in dem schwierigen medienpolitischen Umfeld in Österreich nicht nachhaltig zum Erfolg geführt werden konnte. Ich möchte mich insbesondere bei Martin Gastinger, dem bisherigen Geschäftsführer der ATV-Sendergruppe, und allen ATV-Mitarbeitern für die langjährige, hervorragende Zusammenarbeit bedanken. Wir bedauern zudem, dass der Rückzug nach 19 Jahren Engagement und Investitionen in den österreichischen Medienstandort notwendig wurde. Allen Verantwortlichen bei ProSiebenSat.1 Puls 4 und ATV wünschen wir viel Erfolg für die Zukunft."