Worum geht's überhaupt?
Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) hat beschlossen, Kosten zu sparen, indem sie ihre Strukturen vereinfacht. Einsparpotenzial könnte es zum Beispiel in der Produktion und in der Technik geben, die jede der neun Landesrundfunkanstalten für sich aufgebaut hat. Übergreifende Zuständigkeiten gibt es zwar, zum Beispiel die in München ansässige Programmdirektion für Das Erste, das als Gemeinschaftsprogramm von allen Anstalten getragen wird. Sie sind bislang aber eher die Ausnahme. Das soll sich ändern.
Oder um's mit einem ARD-Serientitel zusammenzufassen: "Auf Achse."
Ist doch großartig, dass die das freiwillig machen. Oder?
Naja, "freiwillig" ist nicht ganz richtig. Im Grunde kommt der Impuls dazu aus der Politik. Seit dem Frühjahr gibt es eine Arbeitsgruppe der Länder mit dem hübschen Namen "Auftrag und Strukturoptimierung der Rundfunkanstalten", die sich damit beschäftigt, wie eine mögliche Reform des öffentlich-rechtlichen Systems aussehen könnte, und die (aus Sicht der Intendanten) schon allerlei Gruseligkeiten in Diagramme geschrieben hat. Zugleich haben die Ministerpräsidenten ARD, ZDF und Deutschlandradio aber beauftragt, ein abgestimmtes Papier vorzulegen, in dem sie selbst Vorschläge für Maßnahmen machen. Zeit bleibt bis September des kommenden Jahres. Bis zum Frühjahr 2018 soll über die Umsetzung beraten werden. Die ARD betont, es gehe nicht nur um Kostenersparnis, sondern auch darum, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks so zu definieren, dass er ins digitale Zeitalter passe.
Oder um's mit einem ARD-Serientitel zusammenzufassen: "In aller Freundschaft."
Wieso passiert das ausgerechnet jetzt?
Dafür gibt's mehrere Gründe: Zum einen geht es den Parteien darum, den Rundfunkbeitrag (verhältnismäßig) stabil zu halten. Bleibt alles wie es ist, wird das kaum möglich sein. Zuletzt wurde bereits beschlossen, den aktuellen Beitrag von 17,50 Euro für die kommende Gebührenperiode nicht zu senken (DWDL.de berichtete), obwohl das nach der Beitragsumstellung möglich gewesen wäre. Dahinter steckt (unter anderem), dass die Politiker ganz und gar keine Lust haben, ihren Wählern in vier Jahren erklären zu müssen, warum sie dann vielleicht über 19 Euro für ein öffentlich-rechtliches System zahlen sollen, das zunehmend in der Kritik steht.
Das ist der zweite Punkt: Manche Bundesländer wollen die Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht allein der AfD überlassen, die zunehmend gegen ARD und ZDF stänkert und kürzlich sogar die Initiative gestartet hat, den Rundfunkstaatsvertrag aufzulösen.
Freilich sind auch die Signale aus den etablierten Parteien widersprüchlich. Einerseits wird für eine drastische Reform plädiert, im CSU-Grundsatzprogramm steht: "Wir streben langfristig die Zusammenlegung von ARD und ZDF unter einem Dach an." Gleichzeitig tun sich die Länder erfahrungsgemäß schwer, wenn es darum geht, Einschränkungen zu beschließen, die "ihre" Landesrundfunkanstalt direkt treffen würden. Und damit indirekt auch die Berichterstattung über landespolitische Themen.
Oder um's mit einem ARD-Serientitel zusammenzufassen: "Sturm der Liebe."
Was machen die Sender jetzt konkret?
Die ARD hat ein Strukturprojekt beschlossen, das hauptamtlich vom bisherigen RBB-Justiziar und Direktor für Recht und Unternehmensentwicklung, Reinhart Binder, geleitet wird und in das jede Landesrundfunkanstalt einen Vertreter entsendet. Im Projekt werden Vorschläge aller ARD-Anstalten zu einer möglichen Bündelung von Ressourcen und Zuständigkeiten gesammelt und abgewogen. Binder berichtet an die amtierende ARD-Vorsitzende, MDR-Intendantin Karola Wille (sowie Lutz Marmor vom NDR und Ulrich Wilhelm vom BR als Vorgänger bzw. Nachfolger des Vorsitzes).
Das klingt einerseits nicht so, als sei mit bahnbrechenden Ergebnissen zu rechnen. Zumal die Grundprämisse des ARD-Projekts wohl ist, einen radikalen Vorschlag gar nicht erst zu diskutieren: die mögliche Zusammenlegung von Rundfunkanstalten. (Zuletzt hatte die ARD einen Bericht von "Bild" dazu dementiert.)
Aus dem Senderverbund wird argumentiert, dass dadurch nicht automatisch Kosten wegfielen. Im Zweifel kostet eine Umstrukturierung – wie bei der Fusion von SWF und SDR zum SWF – zunächst einmal sogar mehr. (Ausgerechnet mit Fusionen kennt sich Projektleiter Binder aber gut aus: er verantwortete die Zusammenlegung von ORB und SFB zum RBB.) Andererseits dürften die Intendanten alles daran setzen, die Reform möglichst nach ihren Vorstellungen mitzugestalten und die Politik nicht dadurch zu drastischen Entscheidungen zu provozieren, dass man ihnen nur minimale Zugeständnisse vorlegt.
Oder um's mit einem ARD-Reihentitel zusammenzufassen: "Heiter bis tödlich."
Wieviel soll denn gespart werden?
Keine Ahnung. Die Politik kann den Sendern auch gar keine konkrete Vorgabe machen, das wäre verfassungsrechtlich unzulässig. Zwischendurch war von 2,8 Milliarden Euro pro Gebührenperiode die Rede, die aus der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) geäußert wurden. Dabei handelt es sich aber um eine Prognose, die u.a. auf der Annahme basiert, dass die Anstalten einen höheren Bedarf anmelden. (Ist aber noch nicht passiert.)
So wahnsinnig schnell wird's auch nicht gehen: Substanzielle Einsparungen hoher dreistelliger Millionenbeiträge sind bis zur nächsten Gebührenperiode eher unwahrscheinlich, heißt es aus der ARD. Zumindest ist dafür nicht viel Zeit.
Oder um's mit einem ARD-Serientitel zusammenzufassen: "Um Himmels Willen."
Heißt das, es gibt künftig weniger Programm?
Programmliche Autonomie und journalistische Qualität sollten unangetastet bleiben. In einem ersten Schritt geht es – nach derzeitigem Stand – eher darum, Änderungen durchzusetzen, von denen die Zuschauer womöglich gar nicht soviel merken. Zum Beispiel, indem Kompetenzen von den Anstalten abgezogen und auf (einer noch zu schaffenden) ARD-Ebene konzentriert werden.
Allerdings dürfte sich schnell auch die Frage stellen, ob man Zuständigkeiten bündelt, die zumindest nah ans Programm heranreichen. Zum Beispiel, indem einzelne Landesrundfunkanstalten die Federführung für gewisse Programmbereiche übernehmen und den übrigen die notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen. Seit Ende der 70er Jahre kümmert sich zum Beispiel die beim NDR angesiedelte Gemeinschaftsredaktion ARD aktuell um die aktuellen Nachrichtensendungen im Ersten (und tagesschau24). Womöglich ist das ein Modell, das sich in abgewandelter Form auch für andere Felder eignet.
Oder um's mit einem ARD-Serientitel zusammenzufassen: "Eine für alle."
Puh, kompliziert. Gibt's kein süßes ARD-Tierfoto zur Erholung?
Doch, natürlich: aus "Elefant, Tiger & Co.", freitags um 19.50 Uhr im MDR. Süüüß, oder?