Am Dienstag verkündete die Staatsanwaltschaft Mainz die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts - Jan Böhmermann muss also keine strafrechtlichen Konsequenzen mehr wegen des "Schmähgedichts" über den türkischen Staatspräsidenten Erdogan fürchten. Nachdem Böhmermann mehr als einen Tag dazu geschwiegen hatte, veröffentlichte er nun am Mittwochnachmittag ein Video mit einer persönlichen Stellungnahme.
Wie schon seine Anwälte am Tag zuvor zeigte sich Böhmermann natürlich erfreut darüber, dass die Staatsanwaltschaft das "Schmähgedicht" inklusive des umgebenden Kontexts - als "Juristisches Proseminar zum Thema 'Was ist Schmähkritik?' bezeichnet - beurteilt und somit für rechtmäßig befunden hat. Zudem freut sich Böhmermann, dass er es nun quasi amtlich hat, ein "unseriöser Quatschvogel" zu sein, der "beruflich Blödsinn" mache. Zur umstrittenen "Neo Magazin Royale"-Sendung steht er weiterhin. Sie sei "kein Versehen, kein Zufall und auch kein Ausrutscher" gewesen, sondern mehrere Tage im Voraus geplant und vom ZDF auch abgenommen worden.
Vor allem aber gehe es nun aber darum, den Fokus wieder auf die Zustände in der Türkei zu lenken - was ja eigentlich schon mit dem "Proseminar" inklusive "Schmähgedicht" im "Neo Magazin Royale" hätte geschehen sollen, was dann aber überlagert wurde von der Diskussion über die Rechtmäßigkeit des Witzes. In der Video-Stellungnahme heißt es im Wortlaut:
"Im Vergleich zu dem was kritische Journalisten, Satiriker oder Oppositionelle damals und auch jetzt gerade durchmachen ist dieses ganze Theater um die 'Böhmermann-Affäre' schon wieder ein guter, trauriger Witz für sich, der sich leider völlig außerhalb meiner professionellen Qualitätskontrolle befindet.
Während Sie dieses Video sehen, sitzen in der Türkei Menschen in Haft ohne Chance auf einen fairen Prozess, müssen ihre Reisepässe abgeben, dürfen das Land nicht verlassen, verlieren ihren Job, weil sie sich kritisch mit ihrem Land auseinandergesetzt haben, öffentlich oder in einem zu großen Kreis eine andere Meinung vertreten haben als erlaubt.
Deutsche mit türkischen Wurzeln - also Deutsche - sind zerrissen und verunsichert, telefonieren mit Familienmitgliedern in der Türkei, haben angst davor am Telefon frei zu sprechen oder öffentlich zu ihrer Meinung zu stehen, egal wie sie ist, weil sie Repressalien für ihre Verwandten in der Türkei oder für sich hier in Deutschland fürchten. Das ist Scheiße und genau darum geht es. Dass man sich in Deutschland in diesen Punkten - Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit - sicher fühlen muss und zwar nicht nur privilegierte Medienfuzzies mit einer eigenen Sendung in der Digitalsparte, sondern jeder."
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Und auch an Angela Merkel, die ihren Regierungssprecher das Schmähgedicht recht schnell als "bewusst verletzend" qualifizieren ließ, richtet er gewissermaßen schöne Grüße aus:
"Politik, die diese grundlegenden Werte und Prinzipien standfest und notfalls offensiv verteidigt, kann jeden noch so geschmacklosen Witz souverän weglachen. Wenn ein Witz eine Staatskrise auslöst, ist das nicht das Problem des Witzes, sondern des Staates.
Was Humor ist und was eine Straftat beurteilt zu allererst der professionelle Spaßvogel, dessen Job das ist. Als zweites sein durchschnittlich informiertes, verständiges Publikum. Und erst wenn es stark unterschiedliche Meinungen geben sollte im allergrößten Notfall die zuständigen Gerichte und Staatsanwaltschaften und sonst niemand."