Nachdem sein Erdogan-Gedicht zur Staatsaffäre hochkochte, legte Jan Böhmermann im Frühjahr erst mal eine Sendepause ein. Einige Wochen später ließ er die Geschehnisse im "Neo Magazin Royale" zunächst unkommentiert und feierte stattdessen mit dem "Verafake" ein Comeback, das es in sich hatte. Wäre es nach einigen Fans gegangen, hätte die Aktion, bei der das Team der Show einen Fake-Kandidaten bei "Schwiegertochter gesucht" einschleuste, allerdings erst später aufgelöst werden sollen. So erging es auch dem Moderator Rooz, der den Satiriker in seiner YouTube-Show "#waslos" interviewte. Das Vorgehen empfand er als zu harmlos, kritisierte er, woraufhin Böhmermann die Erklärung lieferte: "Weißt du, warum wir aufgehört haben? Weil wir nicht wollten, dass sich jemand in unseren Kandidaten verliebt."
In der Tat habe man innerhalb der Bildundtonfabrik, der Produktionsfirma des "Neo Magazin Royale", lange darüber geredet und diskutiert, wie man bei dem Projekt vorgehe. Im Endeffekt sei aber klar gewesen, dass man eines vor allem nicht darf: "Du kannst dich nicht vermeintlich ethisch über andere Leute heben und sagen, 'Schwiegertochter gesucht' ist scheiße und auf der anderen Seite dann zulassen, dass irgendeine dicke Halbbehinderte sich in unseren Fake-Kandidaten verliebt und dann echte Gefühle entwickelt", sagt Böhmermann im Gespräch mit dem HipHop.de-Moderator. "Es war ganz klar, dass wir, sobald er als Kandidat vorgestellt wird, rausziehen und das Ding auflösen müssen."
Vor allem eines habe ihn an der Sache aber geärgert: "Das Problem an der Geschichte ist, dass die dicke Vera in Potsdam am allerwenigsten davon abbekommen hat, sondern es die Produktionsfirmen waren, die hinterher einen auf den Deckel bekommen haben. Ich finde, die Leute, die ihr Gesicht dafür hinhalten, müssen dann auch den Arsch vollbekommen!" Böhmermann gab in diesem Zusammenhang zu, die Sendung selbst gerne anzusehen. "Und ich gucke mir das auch gerne bis zu einem gewissen Punkt ironisch an. Wenn ich aber merke, dahinter steckt Menschenverachtung, ist das einfach scheiße."
Im rund 80-minütigen Interview mit Rooz ging es auch um Böhmermanns Schmähgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten, über dessen Folgen der Moderator bislang nur in seinem Spotify-Podcast "Fest & Flauschig" öffentlich sprach. Ergänzend dazu erzählte er nun, dass sein Leben dadurch noch tiefgreifender beeinflusst wurde: "Das meiste, was mich an der Erdogan-Geschichte geärgert hat, ist, dass Leute anfangen zu denken, dass ich ein Rassist bin. Ich muss vor allem noch in meinem Privatleben aufräumen."
In dem Interview spricht Jan Böhmermann mit Rooz außerdem über seinen Vater und den Einfluss, den der Polizist auf ihn hatte. Offen erzählt er von der Sichtweise, die ihm vermittelt wurde und die er auch seinen Kindern weitergeben möchte.
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