Vergangene Woche erst macht Hulu Schlagzeilen durch den Einstieg von Time Warner. Zum Wochenstart verkündete der VoD-Pionier nun einen Strategiewechsel: Das kostenlose, rein werbefinanzierte Streaming-Angebot von Hulu wird eingestellt. „In den vergangenen Jahren haben wir uns darauf konzentriert ein Abo-Modell aufzubauen, das unseren Nutzern ein möglichst breites und personalisiertes Angebot bietet. Mit dem Ausbau dieses Angebots um neue Originals, exklusive Programmzukäufe und Filme wurde das kostenfreie Angebot immer stärker limitiert und passt nicht länger zu Hulu und unserer Programmstrategie“, erklärt Ben Smith, Senior VP und Head of Experience bei Hulu.

Die Älteren werden sich erinnnern: In einer Zeit vor dem Boom von Netflix und Amazon Prime Video galt Hulu einst als das digitale Zukunftsmodell für die Fernsehbranche. Das ursprünglich von NBCUniversal, Fox und Walt Disney/ABC gegründete Angebot traf mit werbefinanziertem Streaming der im Fernsehen gelaufenen Episoden (CatchUp-TV) einen Nerv in den USA - und wurde auch in Deutschland zum Thema. Nach Gründung des Unternehmens im Jahr 2006 und dem Marktstart Anfang 2008 diskutierten auch deutsche Fernsehhäuser die Möglichkeiten eines „deutschen Hulu“. Doch das Bundeskartellamt durchkreuzte die Pläne für die beiden Projekte Germany’s Gold (von Öffentlich-Rechtlichen und Produzenten) und Amazonas (getrieben von Privatsendern).

2010 ergänzte Hulu drüben in den Vereinigten Staaten sein kostenloses Streaming um den kostenpflichtigen Service Hulu Plus, der mit seinen aktuell mehr als 11 Millionen Abonnenten die Grundlage für die neue Pay-Strategie von Hulu ist. Derzeit bietet Hulu Plus zwei Tarife: Für 7,99 Euro nimmt der Abonnent Werbung in Kauf, für 11,99 Euro bekommt er das Programmangebot werbefrei. Doch die Preisgestaltung könnte sich ändern, weil Hulu in den kommenden Monaten weitere Änderungen des Angebots plant: So soll in 2017 ein Live-Streaming von TV-Sendern wie CNN, TNT, Fox News und anderen integriert werden. Die Strategie erfüllt gleich zwei Ziele, die in der Vorstellung der Medienkonzerne hinter Hulu Hand in Hand gehen.

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So warb Hulu im Jahr 2009 zum Superbowl mit Alec Baldwin.

Zum Einen gibt es Medienhäuser wie Fox und Walt Disney/ABC, die sich als reine Inhaltehäuser seit Ewigkeiten immer wieder legendäre Duelle mit den in den USA sehr mächtigen Kabelnetzbetreibern liefern. Mit Hulu künftig selbst an den Endkonsumenten heranzutreten, hat für die beiden Medienhäuser einen großen Reiz - und stichelt natürlich gegen die Dominanz der Kabelnetzbetreiber. Zu denen gehört allerdings auch NBC Universal-Mutterhaus Comcast. Deren Motivation beim neuen Hulu-Kurs dürfte in der Suche nach einem zukunftsfähigen Modell stecken, welches die sogenannten Cord-Cutter - also Kunden, die ihren Kabelnetzanschluss kündigen - überzeugen könnte.

Time Warner war einst auch mit Time Warner Cable im Geschäft der Kabelnetzbetreiber aktiv, aber hat diese Sparte verkauft. Deren Beteiligung am neuen Hulu-Abenteuer ist also einem bereits vollzogenen Kurswechsel geschuldet. Noch vor einigen Jahren schoss auch Time Warner scharf gegen Angebote wie Hulu, die das quasi Zugangsmonopol der US-Nutzer zum Content der großen TV-Networks aufweichte. Und Hulu selbst bewarb sich anfangs als Alien in der Medienlandschaft mit dem Slogan "An evil plot to destroy the world". Aus einer albernen Behauptung wurde angesichts des Cord Cutting für Kabelnetzbetreiber in den USA Realität.

Yahoo View übernimmt kostenfreies Streaming-Angebot

Das kostenfreie, rein werbefinanzierte Angebot von Hulu wird jedoch nicht ganz vom Markt verschwinden: Yahoo startet einen neuen Dienst Yahoo View und übernimmt im Rahmen eines Lizenzdeals mit Hulu die Rechte am werbefinanzierten Streaming. Verfügbar sind jeweils fünf Episoden der aktuellen Network-Serien, allerdings erst eine Woche nach deren TV-Ausstrahlung. Mit dem neuen Feature "Beyond the episode" will Yahoo View jeweils passenden Fan-Content anbieten - und damit auf eine etwas verzweifelt wirkende Art und Weise das von Yahoo teuer eingekaufte Tumblr integrieren.

Zurück zum Cord-Cutting: In Deutschland kombinieren Angebote wie 7TV von der ProSiebenSat.1 Media SE und TV Now von der Mediengruppe RTL Deutschland bereits jeweils konzern-intern Livestreams und CatchUp-Fernsehen in eigenen kostenpflichtigen Webservices bzw. Apps - worüber Distributionspartner der Sender ebenfalls nicht allzu erfreut sind. Doch die Proteste halten sich in Grenzen, liegt schließlich die Nutzung vergleichsweise weit unter der von Hulu in den USA. Exklusiver fiktionaler Content ist schließlich Mangelware bei den deutschen Privatsendern, die weiterhin felsenfest davon überzeugt sind: Fiction ist nur eine Phase und ein reines Nischenprodukt.