Etwas mehr als eine Woche liegt der Amoklauf in München zurück, bei dem neun Menschen auf tragische Weise ihr Leben verloren. Einer behielt an jenem Abend die Nerven: Obwohl Medienvertreter über Stunden hinweg auf neue Informationen hofften,  agierte Polizei-Pressesprecher Marcus da Gloria Martins außerordentlich besonnen und zielorientiert - und wurde dafür von vielen Seiten gelobt. Im Interview mit dem Medienjournalisten Jörg Wagner gab er nun einen Einblick in seine Arbeit. Dabei machte er zugleich deutlich, dass er sich für seine teils sarkastischen Antworten gegenüber Journalisten am Abend des Amoklaufs selbst hinterfragt habe.

 

"Ich lerne tatsächlich weniger aus den Trainings, als vielmehr aus der tatsächlichen Echtsituation“, verrät er und erklärt, dass er Humor in gewissen Situationen auch deshalb wählt, weil dies zu seiner Persönlichkeit gehöre. Eine Medienschelte will Martin er im Nachgang allerdings nicht betreiben, weil er den Standpunkt der Journalisten nachvollziehen kann. München sei eine "sehr, sehr große Medienstadt" mit einer "sehr reegen Medienszene". Er selbst kenne die meisten der Journalisten-Kollegen als "sehr seriöse und nach stichhaltigen Informationen suchenden Medienschaffenden". Das eigentliche Problem sieht er viel mehr in den sozialen Netzwerken und der "Gier, dem eigenen Publikum Informationen liefern zu müssen", sagte der Polizeisprecher und verweist auf das Problem, dass Informationen von offiziellen Stellen nicht so schnell zu bekommen seien, was seiner Beobachtung nach dazu führt, dass "nach jedem Strohhalm" gegriffen werde, der sich in den digitalen Weiten finden lasse. "Das ist in meinen Augen eine ganz, ganz gefährliche Entwicklung."

Um das Risiko von Missverständnissen reduzieren, bemüht sich Martins zudem um klare Aussagen gegenüber den auf Informationen wartenden Kollegen: "Hat mein Gegenüber, hat der Journalist eigentlich diese Formulierung von mir richtig verstanden? Und in dem Moment, wo sie erkennen, nein hat er nicht, müssen sie nachlegen. Und ab diesem Zeitpunkt, wo es wirklich um nachprüfbare Fakten geht, müssen sie gucken, dass sie wirklich den Stand vermitteln, den sie zu dieser Zeit haben."

Er selbst hat sich mehrere Eckpunkte auferlegt, die in Ausnahmesituationen wie jener am Tag des Amoklaufs zum Tragen kommen. Eine davon: "Rede offen über das, was jeder riechen, schmecken und hören kann", so Marcus da Gloria Martins im Gespräch mit Jörg Wagner. Die zweite Regel sei Transparenz, "Wenn wir hier plötzlich – und jetzt nehme ich jetzt einfach mal immer analog Bezug zum letzten Freitag – Kollegen mit schwerer Schutzweste und Maschinenpistole irgendwo in Deckung gehen oder wenn wir plötzlich hier in der Innenstadt irgendwelche Tatorte vermuten, dann muss man da ganz klar, sehr deutlich und vor allen Dingen sehr schnell Ross und Reiter nennen."

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