"Sackdoof, feige und verklemmt, ist Erdogan, der Präsident": Diese Passage aus seinem Gedicht darf Jan Böhmermann wiederholen - andere hingegen nicht. Das geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg hevor, das auf Antrag des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine einstweilige Verfügung gegen den ZDF-Moderator erlassen hat. Das Gericht hat dem Antrag teilweise stattgegeben und Böhmermann die Äußerung bestimmter Passagen untersagt, die Erdogan angesichts ihres schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen müsse.
"Der Entscheidung liegt eine Abwägung zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zugrunde", erklärte das Gericht und führte aus, dass das Gedicht als Satire ein Zerrbild von der Wirklichkeit vermittle, mit der sich der Böhmermann mithilfe des Gedichts auseinandersetze. Bei dieser Kunstform, der Übertreibungen und Verzerrungen wesenseigen seien, müsse für die rechtliche Beurteilung zwischen dem Aussagegehalt und dem vom Verfasser gewählten satirischen Gewand, der Einkleidung, unterschieden werden.
Zudem seien die konkrete Präsentation und der Zusammenhang zu berücksichtigen, in den das Gedicht gestellt worden sei. In Form von Satire geäußerte Kritik am Verhalten Dritter finde allerdings ihre Grenze, wo es sich um eine reine Schmähung oder eine Formalbeleidigung handele beziehungsweise die Menschenwürde angetastet werde, so das Landgericht Hamburg in seiner Begründung. Gemeint sind etwa jene Passagen, in denen es in Böhmermanns Gedicht um "Schrumpelklöten" geht.
Diese Grenze sei nach Auffassung der Kammer durch bestimmte Passagen des Gedichts überschritten worden, die schmähend und ehrverletzend seien. Zwar gelte für die Einkleidung eines satirischen Beitrages ein großzügiger Maßstab, dieser berechtige aber nicht zur völligen Missachtung der Rechte des Antragstellers. Durch das Aufgreifen rassistisch einzuordnender Vorurteile und einer religiösen Verunglimpfung sowie angesichts der sexuellen Bezüge des Gedichts überschritten die fraglichen Zeilen nach Angaben des Landgerichts jedoch das vom Antragsteller hinzunehmende Maß.
Die übrigen Teile setzten sich dagegen in zulässiger Weise satirisch mit aktuellen Vorgängen in der Türkei auseinander. Erdogan trage als Staatsoberhaupt politische Verantwortung und müsse sich aufgrund seines öffentlichen Wirkens selbst harsche Kritik an seiner Politik gefallen lassen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es besteht die Möglichkeit, gegen die Unterlassungsverfügung noch Widerspruch einzulegen. Böhmermanns Anwalt Christian Schertz kritisierte, dass das Gericht den Fehler mache, bestimmte Aussagen des Gedichts solitär herauszugreifen. Es müsse vielmehr als Einheit in Zusammenhang mit dem Kontext in der Sendung betrachtet werden. Darauf hat allerdings auch das Gericht verwiesen.
Unabhängig von dem Presseverfahren in Hamburg läuft derweil das Strafverfahren gegen Jan Böhmermann, das erst durch die entsprechende Ermächtigung der Bundesregierung möglich gemacht wurde.