Auch wenn das ZDF jüngst noch einmal darauf verwies, dass das so genannte "Schmähgedicht" von Jan Böhmermann nicht den Qualitätsansprüchen und Regularien des Senders entsprochen habe, so war es doch rechtlich zulässig und habe die Grenzen zur Strafbarkeit nicht überschritten. Zu diesem Schluss kommt zumindest eine Expertise der Kanzlei Redeker Sellner Dahs, um die der Mainzer Sender gebeten hatte. Auf diese Expertise stützt sich auch eine Stellungnahme, die das ZDF am Donnerstag gegenüber der Staatsanwaltschaft Mainz abgeben hat. Der Sender hat damit von einer durch die Staatsanwaltschaft eingeräumten Möglichkeit einer Stellungnahme im Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann Gebrauch gemacht.
Die grundgesetzlich garantierte Satirefreiheit umfasse gerade im Zusammenhang mit Angelegenheiten von öffentlichem Interesse auch den Einsatz grober Stilmittel, unabhängig davon, ob sie persönlichen oder allgemeinen geschmacklichen Vorstellungen entsprechen, heißt es in der Analyse der Kanzlei, auf die sich das ZDF beruft. Es liege im Wesen der Satire, durch gezielte Überzeichnungen, die auch darauf angelegt sind, Emotionen und Reaktionen beim Publikum auszulösen, auf ein Thema aufmerksam zu machen und Kritik zu üben.
Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die "satirische Gesamtdarstellung", in die das Gedicht eingebettet gewesen sei. Darin sei es nicht nur um eine satirische Auseinandersetzung mit der Reaktion des türkischen Präsidenten auf einen Satirebeitrag des NDR-Magazins "extra 3" und dem rechtlichen Begriff der Schmähkritik gegangen, sondern auch darum, die Rezeption solcher satirischer Stilmittel in der digitalen Medienöffentlichkeit zu thematisieren. Form und Inhalt des satirischen Beitrags hätten nicht auf eine Ehrverletzung des türkischen Staatspräsidenten gezielt, sondern die kritische Auseinandersetzung mit diesen Themen bezweckt, hieß es.
Das ZDF verwies allerdings noch einmal darauf, dass die Entscheidung des Senders, die Passage aus der Mediathek zu löschen, von der strafrechtlichen Bewertung "klar zu trennen" sei. Derweil steht auch Jan Böhmermann weiterhin zu seinem umstrittenen Gedicht: Die von Erdogans Anwalt gesetzte Frist, eine Unterlassungserklärung abzugeben, ließ der momentan unter Polizeischutz stehende ZDF-Moderator verstreichen.