An der Ernsthaftigkeit des Engagements besteht kein Zweifel. Doch manche Fragen bleiben offen: Wer den werbefinanzierten Sender vermarktet? Noch unklar. „Wir haben da noch keine Entscheidung getroffen. Der deutsche Markt ist ungewöhnlich, weil die zwei größten Marktteilnehmer ihre Werbung selbst verkaufen. Die meisten kleineren Anbieter haben es dann auch selbst realisiert. Es gibt nur wenige Agenturen“, bemerkt der CEO des europäischen Geschäfts, Neeraj Dhingra. Die Entscheidung für einen werbefinanzierten Kanal sei dem deutschen Markt geschuldet. „Wirklich zahlen wollen die Deutschen nur, wenn es Sport zu sehen gibt. Selbst Disney hat sich für einen frei empfangbaren Disney Channel entschieden.“
Wie viel Zeit gibt man sich, um in Deutschland Fuß zu fassen? „Ich kann Ihnen das allgemein beantworten“, sagt Amit Goenka, CEO International Broadcast Business bei Zee Entertainment, auf DWDL.de-Nachfrage. „Wir investieren nicht in Märkte, in denen wir nicht binnen drei Jahren Break-Even erreichen können.“ Eine sportliche Vorgabe für die deutsche Chefin Friederike Behrends, die auf Nachfrage keine Marktanteilsziele nennen will. Klar sei nur: „Wenn man die Masse erreichen will, muss man ins Free-TV.“ Alles andere sei ein zu kleines Geschäft - eine Aussage die für Diskussionen mit ihrer Schwester Katharina Behrends, Chefin von NBC Universal Global Networks in Deutschland, sorgen dürfte.
„Unsere Kernzielgruppe sind Frauen im Alter von 19 bis 59 Jahren. Diese Zielgruppe schaut alle Sender. Wir wollen also Marktanteile von allen anderen Sendern erobern“, sagt der Europachef. „Einer der Gründe warum wir im Juli starten. ist die Fußball-Europameisterschaft. Wenn die aus dem Weg ist, kommen wir: Nach der Fußball-EM holen wir uns die Frauen. Mit seinen Farben und Emotionen könnte Bollywood zu keiner besseren Zeit für Abwechslung und frischen Wind sorgen als jetzt bei all den Nachrichten aus aller Welt.“ Derzeit läuft die Synchronisation auf Hochtouren. Dafür sind gleich mehrere Studios in Deutschland beauftragt. „Das Volumen ist einfach zu groß“, so Behrends, die ihr Team von bisher knapp zehn Mitarbeitern noch 2016 verdoppeln will. Derzeit sei man auf Mitarbeitersuche.
An Finanzkraft und Willen mangelt es der Unternehmung nicht. Bleibt dennoch abzuwarten, ob Zee One so manche Hürde noch rechtzeitig vor dem geplanten Sendestart nimmt und die Euphorie der Macher dann auch auf Nachfrage des Publikums trifft. Die Tatsache, dass Zee One ein so bislang noch nicht gebotenes Programm präsentiert, ist Chance und Risiko gleichermaßen. Amit Goenka, Sohn des Gründers der Essel Group, bleibt vor seinem Deutschland-Abenteuer überzeugt von der eigenen Ware. „Bollywood hat in den 50er, 60er Jahren den internationalen Markt erobert. Das festigte den Eindruck von Bollywood, aber international wurde oftmals nicht die Entwicklung beobachtet, die Bollywood in den folgenden Jahrzehnten durchlaufen hat. Bollywood hat inzwischen ein breites Spektrum an Genres, so wie Hollywood ja auch nicht nur für ein Genre steht.“
Sein Europa-Chef pflichtet bei. „Wenn man erst einmal zeigt, was Bollywood heute ist, dann wollen die Menschen mehr davon. Das ist unsere Chance. Das Vorurteil gegenüber Bollywood ist damit gut und schlecht zugleich. Wir haben manchmal mit falschen Erwartungen zu kämpfen aber so gleichzeitig die Chance, zu beweisen, dass Bollywood mehr ist als Kitsch.“ Das Leitmotiv von Zee Entertainment ist übrigens Vasudhaiva Kutumbakam. Oder auf englisch: The world is my family. Ganz ohne Kitsch geht es eben doch nicht. Man merkt den Charme eines Familienunternehmens (mit Milliarden-Umsätzen). „Was die Arbeit so besonders macht, ist die Tatsache, dass es trotz der Größe der Essel Group immer noch ein Familienunternehmen ist. Das kennen wir in Deutschland ja kaum noch“, sagt Friederike Behrends.