Was war das bloß für eine Woche für Jan Böhmermann: Nach seinem Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Erdogan bekam der ZDF-Moderator erstmals richtigen Gegenwind zu spüren. Erst strich ihm sein Haussender die entsprechende Passage aus der Sendung und dann meldete sich nicht nur die Kanzlerin zu Wort, sondern auch die Staatsanwaltschaft. Wie also würde Böhmermann auf die turbulenten Ereignisse der vergangenen Tage reagieren? Seit Donnerstagabend kennt man die Antwort – zumindest ein bisschen. In den aufgewärmten Hashtag der Woche #witzefreie solle man nichts interpretieren, betonte Böhmermann und mit Blick auf die AfD-Politikerin Beatrix von Storch scherzte er: "Die Witze heute könnten etwas schlechter werden. Wir sind eigentlich hohe Qualität gewohnt - heute kann es anders sein, weil Beatrix von Storn den Rundfunkbeitrag nicht bezahlt hat."
Danach ließ der Moderator viele seiner Zuschauer aber wohl ratlos zurück - nicht jedoch, weil er Erdogan mit keiner Silbe erwähnte. Denn was begann wie eine normale Ausgabe des "Neo Magazins", driftete im letzten Drittel zur dadaistischen Freakshow ab, der vermutlich nur noch Böhmermann selbst folgen konnte. Eher belanglos plätscherte die Sendung vor sich hin, ein paar Scherze über Saarländer hier, einige über Til Schweiger dort. Auch das Gespräch mit Polittalkerin Anne Will wäre vermutlich nicht weiter in Erinnerung geblieben, hätte es da nicht diesen einen Ausschnitt gegeben, der Böhmermann neben Katrin Göring-Eckardt als Wills Talk-Gast zeigte – es war der Anfang einer kaum enden wollenden Dauerschleife, in der der Moderator maximal verwirrend durch die Fernsehwelt irrlichterte.
"Oh Böhmi, tanz doch mal"
"Jan, dir gelingt ja im Moment ein Hit nach dem anderen. Weiß du, wie das Internet funktioniert, oder hast du einfach einen Nerv getroffen?", fragt Will und Böhmermann antwortet: "Wir sind eine kleine schmierige Sendung von Losern für Losern." Was folgt, ist der Ausschnitt aus einem Musikvideo, in dem Böhmermann heruntergekommen vor brennenden Mülltonnen singt – ehe er plötzlich strahlend im Anzug mit Markus Lanz darüber spricht, dass er die Ideen zu seiner Show vorwiegend aus alten Yps-Heften holt. Dann folgt schon der nächste Szenen-Wechsel. Diesmal hockt Böhmermann an einem Tresen, jammert: "Da habt ihr euren großen Spartenspacken, der einmal im Jahr auf die Bühne darf, aber danach wieder zurück in den Käfig um 0:30 Uhr. Oh Böhmi, tanz doch mal, oh Böhmi, mach doch mal Faxen. Mal gucken, was die Kanzlerin dazu sagt."
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Plötzlich kommt William Cohn ins Bild, sagt den SpongeBob-Satz "Ach du heilige Makrele" und schon geht die Aneinanderreihung skurriler Szenen weiter. Böhmermann und Cohn in der fiktiven Sat.1-Sketchcomedy "Knallertypen", Böhmermann in einem Malzbier-Werbespot, Böhmermann beim Promi-Dinner, Böhmermann im roten Fummel, Böhmermann als Action-Figur. Vermeintliche ZDF-Mitarbeiter bezeichnen das "Neo Magazin Royale" schließlich als Sorgenkind und bewerten die Show mit drei oder vier Punkten. "Viel zu verwirrend", sagt eine von ihnen. Doch wem all das schon zu verwirrend war, der konnte im weiteren Verlauf der Sendung erst recht den Kopf schütteln. Gerade als es für einen Moment so aussieht als gehe die Show ganz normal weiter, setzt sich Böhmermanns Gefangenschaft in der Endlosschleife fort.
Das geht so lange, bis immer und immer wieder eine Störtafel eingeblendet wird und der "Bergdoktor" mehrfach vor schöner Alpenkulisse im blauen Wagen vorfährt. Nein, das "Neo Magazin Royale" ist auch an dieser Stelle noch nicht vorbei. Böhmermann liegt im Gras – und flieht schließlich vor dem Bergdoktor in die grüne Hölle der Fernsehunterhaltung. Dann läuft der Vorspann seiner Show, er betritt das Studio und verabschiedet sich nur wenige Sekunden nach der Begrüßung. Es ist ein kaum enden wollender Spuk, der sich aber zumindest mit den Ansprüchen des ZDF an Satire vertragen dürfte. Was genau uns Böhmermann sagen will, bleibt im Unklaren, und das soll es vermutlich auch. Sicher ist wohl vor allem eines: Nach dieser Sendung wird die Hälfte seiner Zuschauer Böhmermanns sofortige Nominierung für einen weiteren Grimme-Preis fordern – und die andere Hälfte ihn endgültig für verrückt erklären.