In der aktuellen Ausgabe des "Neo Magazin Royale" griff Jan Böhmermann die gelungene Satire des NDR-Magazins "extra 3" auf und wollte mit einer als Gedicht verpackten Schmähkritik dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan den Unterschied zwischen Kunst- und Meinungsfreiheit auf der einen und Schmähkritik auf der anderen Seite verdeutlichen. Letztere sei nämlich auch in Deutschland nicht erlaubt, wie Böhmermann und sein Sidekick Ralf Kabelka mehrfach betonten – und mit der nachträglichen Entfernung der kompletten Passage aus der Sendung auf eigenwillige Weise auch bewiesen haben.
Fraglich ist dabei aber vor allem, weshalb die Sendung erst nach der linearen-Ausstrahlung zunächst aus der Mediathek entfernt und später gekürzt wieder eingestellt wurde. Das "Neo Magazin Royale" wird schließlich bereits am Mittwoch aufgezeichnet, die entsprechende Passage dürfte dem ZDF also auch bereits weit vor der Ausstrahlung bekannt gewesen sein. Nachdem sich die Mainzer zunächst nicht zu diesem Umstand äußern wollten, erklärte Unternehmenssprecher Alexander Stock die Vorgehensweise nun gegenüber dem Kollegen Jörg Wagner vom radioeins-"Medienmagazin".
"Es gab hier unterschiedliche Einschätzungen am Abend und am nächsten Tag", erklärt Stock gegenüber Wagner. "Das hat sich ja gezeigt und man kann das vielleicht auch nachvollziehen, wenn man sich die Presseberichterstattung heute anschaut, da findet man ja auch ein breites Spektrum an Einschätzungen und Haltungen zu dieser Art von Qualität", spielt Stock auf die variierende Berichterstattung zu Böhmermanns Schmähkritik in der Presselandschaft an.Die Satire sei eine Kunstform, die besonders große Freiheiten genieße und genießen müsse, "aber es gibt eben doch auch Grenzen, auch für uns, was die Qualität angeht, was die Ironie und die Satire am Ende auch betrifft".
Man könne dort nach Einschätzung des ZDF eben nicht alles machen. "Das, was dort gemacht worden ist in Form dieses Gedichtes, das war für uns dann doch der Schritt zu viel und das war der Grund, die Passage, so wie sie war, aus der Sendung herauszunehmen und auch aus den Wiederholungen und den Ausspielwegen im Onlinebereich, etwa der Mediathek", erklärt ZDF-Sprecher Stock und fügt hinzu: "Und diese Entscheidung, die haben wir übrigens auch gemeinsam mit Jan Böhmermann so getroffen.“ Die Idee an sich, die Grenzen von Satire aufzuzeigen, kam dabei offenbar gut an. "Die ist im Kern aber gut. Was uns gestört hat, ist die Umsetzung".
Unterdessen hat sich Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments und stets Freund klarer Worte, zum "extra-3-"Beitrag und dem Vorgehen von Erdogan geäußert. "Es ist nicht hinnehmbar, dass der Präsident eines anderen Landes verlangt, dass wir in Deutschland demokratische Rechte einschränken, weil er sich karikiert fühlt. Wo kommen wir denn da hin? Das ist absolut unhaltbar, ein starkes Stück!", so Schulz in der "Bild am Sonntag". "Wir müssen Erdogan klar machen: In unserem Land gibt es Demokratie. Ende". Erdogan sei ein Mann klarer Worte, der aber auch klare Worte verstehe. "Und hier muss man sagen: Lieber Herr Erdogan, Sie sind einen Schritt zu weit gegangen. So nicht. Satire ist ein Grundelement der demokratischen Kultur", so Schulz, der sich gegenüber der "BamS" auch dafür ausspricht, entsprechende Grundrechtsverletzungen in der Türkei anprangern und permanent über Meinungsfreiheit und Menschenrechtsfragen mit der Türkei diskutieren zu müssen.