Lange wartete die Branche auf die erste deutsche Serienproduktion bei Netflix, vor gut einem Monat machte die Streamingplattform dann die Beauftragung einer deutschen Eigenproduktion offiziell. "Dark" soll eine Mysteryserie in einer deutschen Kleinstadt sein und wird produziert von Wiedemann & Berg, einem Joint-Venture zwischen Endemol Shine und den Filmproduzenten Quirin Berg und Max Wiedemann. Die freuen sich im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" verständlicherweise über den Produktionsauftrag, dämpfen die generellen Erwartungen an Streaminganbieter aber auch auf ein realistisches Maß.
"Die Aufmerksamkeit ist natürlich auch dem geschuldet, dass es eine große Sehnsucht aller Filmemacher in Deutschland gibt, dass da eine neue Tür aufgemacht wird. Dass eine neue Art von Serienproduktion möglich wird", bewertet Max Wiedemann das Echo rund um "Dark". Grundsätzlich sei es eine positive Nachricht für die Zuschauer, dass jeder Anbieter durch hochwertiges Programm begeistern möchte und Leuchtturmprojekte als Alleinstellungsmerkmale realisiert werden. "Aber man darf das im Volumen nicht überschätzen", merkt Wiedemann zurecht an. "Es ist nicht so, dass Netflix von heute auf morgen zehn deutsche Serien in den Markt stellt. Diese Entwicklungen werden nicht die deutsche Produktionslandschaft von heute auf morgen verändern", so Wiedemanns Betrachtung.
Die daraus entstandene Diskussion um Inhalte, Erzählweisen und Qualitätvoll würde dann wiederum alle Marktteilnehmer motivieren, was auch Quirin Berg so sieht. "Es ist sehr schön, dass es gerade so eine extrem positive Stimmung gibt und man neue Dinge mitprägen kann", meint Berg und verweist auf die Zusammenarbeit mit Turner, für die Wiedemann & Berg einst "Add a Friend" drehte und nun "Vier Blocks" entwickelt. "Und wir sehen auch, was bei Amazon und Sky passiert. Aber auch bei den Free-TV-Sendern gibt es Bewegung".
Alleine an der Qualität habe es in der Vergangenheit nicht gehapert, meint Berg. Was fehlte war demnach die internationale Ausrichtung. "Die Skandinavier zum Beispiel mussten, weil sie im eigenen Land ein überschaubares Publikum haben, immer schon etwas machen, was auch international funktioniert, sonst hätten sie es gar nicht finanzieren können", erklärt Berg im Gespräch mit der "FAS". "Deutschland ist da als Markt etwas selbstzufriedener. Aber genau das bricht gerade auf".
Entsprechend soll auch "Dark" bei Netflix ausgerichtet sein. "Es war schon der Wunsch von Netflix, etwas zu machen, was Lokalkolorit hat", erklärt Quirin Berg auf die Frage, wie deutsch eine Serie angesichts der internationalen Verwertung bei Netflix überhaupt sein dürfe. "Die haben international genug tolle Serien. Sie wollten etwas, das die deutschen Zuschauer besonders spannend finden", so Berg, der der Meinung ist, dass "Dark" zwar ein deutsches Selbstverständnis bei Figuren und Setting haben werde, die Erzählweise aber ohnehin rein von der Handschrift der Autoren Jantje Friese und Barab bo Odar abhänge. "Und die wird meines Erachtens ein deutsches Publikum genauso wie eines in Australien begeistern", meint Berg.