Julian Reichelt ist wütend. "Was die KJM hier versucht, ist ein Anschlag auf die Pressefreiheit und darf nicht Bestand haben", schrieb der "Bild.de"-Chef am Donnerstag auf Twitter und meinte damit die einige Stunden zuvor bekannt gewordene Entscheidung der Kommission für Jugendmedienschutz, die Veröffentlichung von Bildern toter Kinder in Folge von Bombenangriffen des syrischen Präsidenten Assad als Verstoß gegen die Menschenwürde zu betrachten (DWDL.de berichtete). Es blieb allerdings nicht bei dem Tweet: In einem Schreiben wandte sich Reichelt auch direkt an den KJM-Vorsitzenden Andreas Fischer.
"Nichts Ehrenhaftes" könne er nach der Entscheidung an Fischer, seiner Institution, seinem Weltbild und seinem Verständnis von der Pressefreiheit finden, ließ Reichelt den Jugendschützer gleich zu Beginn seines offenen Briefes wissen. "Um es gleich zu sagen: Die Entscheidung, die Sie getroffen haben, ist schrecklich und falsch. Wir werden sie nicht akzeptieren, sie nicht hinnehmen und mit allen Mitteln - juristisch, journalistisch, politisch - dagegen vorgehen, bis Sie sich korrigieren oder korrigiert werden und anerkennen, dass Sie bei der Wahrnehmung des Ihnen erteilten Auftrags schlicht versagt haben."
Nie habe er sich vorstellen können, "dass ausgerechnet eine deutsche Institution im Angesicht von Menschheitsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eine solche Entscheidung trifft und Berichterstattung über Tyrannei in irgendeiner Form zu beschneiden und einzuschränken versucht", so Reichelt, der die "Entscheidung und deren infame Begründung" als "Schlag ins Gesicht all jener, die aus der deutschen Geschichte gelernt und aus ihr heraus unser Grundgesetz geschaffen haben", wertet. "Und es ist nicht weniger als ein Angriff auf einen anderen Artikel unseres Grundgesetzes, nämlich auf die Pressefreiheit."
Und weiter: "Nicht das Foto ist die Verletzung der Menschenwürde, sondern die Fassbombe, der Giftgasangriff, das Schrapnell, das ein Kind von innen zerfetzt." Es sei ein Hohn, sich von Menschen kontrollieren zu lassen, die sich "zu solch schrecklichen Entscheidungen verleiten lassen", so der "Bild.de"-Chef. Zugleich mache es ihn fassungslos, dass die KJM auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwende, "ob unsere Sprache gegenüber dem Massenmörder Assad 'abwertend' sein könnte". Reichelt nimmt dabei Bezug auf die Kritik der KJM an der "abwertenden Zuschreibung 'Teufel' für den syrischen Machthaber Assad" durch "Bild".
Die Jugendschützer hatten sich daran gestört, dass die Leichen der Kinder in Nahaufnahme zu sehen seien, sodass die Opfer identifizierbar waren. Der Effekt wurde demnach durch die Möglichkeit zur großformatigen Darstellung durch Anklicken noch verstärkt. Das Leiden und Sterben der Kinder werde auf diese Weise zur Schau gestellt, wodurch sie zu Objekten der Schaulust degradiert würden, finden die Medienhüter. Auch wenn es sich um ein tatsächliches Geschehen handelt, besteht nach Meinung des Gremiums kein berechtigtes Interesse an dieser Art der Darstellung, da eine Verpixelung der Bilder die Aussagekraft des Artikels nicht geschmälert hätte.