Was zunächst flott klingt, ist eher irritierend. Konken gibt  selbst die Antwort auf das im Raum stehende, nur vermeintlich empörende Thema: Mitarbeiter, die projektbezogen für eine konkrete Fernsehsendung angestellt wurden, verlieren ihren Arbeitsplatz, wenn das entsprechende Projekt beendet wird. Das ist für die Betroffenen nicht schön, aber sollte bei Abschluss eines solchen Arbeitsvertrages bewusst gewesen und damit jetzt nicht überraschend sein. Im Falle von Günther Jauchs I&U TV kommt noch dazu: Der Standort Berlin wurde sogar extra nur für diese Sendung gegründet. Wenn von betroffenen 80 Mitarbeitern geredet wird, geht es überwiegend um freie Mitarbeiter - und 16 Festangestellten.

Mit seiner Aussage „Wenn der Star keine Lust mehr hat“ bläst der DJV-Bundesvorsitzende Konken dann aber auch noch ins gleiche Horn wie die Boulevardpresse - konkret „Bild“. Beide ziehen in dem Zusammenhang Parallelen zwischen Günther Jauch und Stefan Raab. Schon bei Raabs angekündigtem Rückzug wurde ein beliebter, populistischer Hebel angesetzt: Der Reiche da oben hat einfach keinen Bock mehr und die Armen da unten leiden - eine wirkungsvolle Rhetorik. „Bild“ nutzt sie schließlich nicht ohne Grund und in diesen beiden Fällen besonders gerne gegen TV-Protagonisten, die dem Boulevardblatt noch nie besonders wohlgesinnt waren. Dass der Deutsche Journalisten-Verband sich anscheinend ohne Kenntnis vom Markt so leicht vor den Karren spannen lässt, ist - neutral formuliert - bemerkenswert.

Noch absurder wird es aber, wenn sich Konken stellvertretend für den DJV auch noch verbittet, dass Produktionsfirmen bei schlechten Quoten Mitarbeiter entlassen. Man ahnt, was er meint und sagen will. Aber vom DJV könnte man mehr erwarten als rhetorisches Streufeuer. Hier müsste sich der Appell eher an die Sender richten, die in der Regel über das Schicksal einer Produktion entscheiden - wenn es ihm nicht nur um den Fall Jauch gehen sollte. Dass dieser wie auch Stefan Raab seinen Rückzug übrigens gleich ein halbes Jahr im voraus mitteilten, während in den meisten anderen Fällen ein Sender weit kurzfristiger den Stecker zieht und Mitarbeiter vieler, oft auch noch kleinerer Produktionsfirmen, unmittelbar ihren Arbeitsplatz verlieren, wird nicht berücksichtigt. Dieser Vorlauf ist im ernüchternden Branchenvergleich nahezu komfortabel.

Es geht weder „Bild“ (verständlich) noch DJV (unverständlich) offenbar darum, Missstände in der Branche anzuklagen. Was im deutschen Fernsehgeschäft sonst ohne große Schlagzeilen geschieht, zieht hier nur wegen der Namen Günther Jauch und Stefan Raab. Sie sind die falschen Adressaten für ein an sich wichtiges Thema: Wie soll im deutschen Fernsehmarkt Kreativität kultiviert werden, wenn diese weitgehend durch Auftragsproduktionen an Firmen ausgelagert werden, die oftmals an der sehr kurzen Leine gehalten werden. Stattdessen kratzt man an der Oberfläche - und empört sich darüber, dass projektbezogene Arbeitsplätze hinfällig sind, wenn das Projekt beendet wird.

Update: Nach Veröffentlichung dieses Artikels hat sich der DJV noch einmal zu Wort gemeldet. Man nimmt die geäußerte Kritik kurzerhand zurück: "Der Deutsche Journalisten-Verband hat seine Mitteilung zur Hire & Fire-Mentalität bei TV-Produktionsfirmen aktualisiert und die Produktionsfirma i&u TV von Günther Jauch von der geäußerten Kritik ausgenommen. Die Verträge mit den Mitarbeitern dieses Unternehmens waren von Anfang an zeitlich bis Ende 2015 befristet. Einige der festangestellten Jauch-Mitarbeiter haben inzwischen neue Arbeitsplätze gefunden."