Jens Weinreich ist einer von mehreren Journalisten, die hinter dem am Wochenende erschienenen "Spiegel"-Artikel "Das zerstörte Sommermärchen" stehen. Am Sonntag sorgte Weinreich mit einem denkwürdigen Telefon-Interview in der Fußball-Talkshow "Sky90" für Aufsehen, weil er offenkundig vom Bezahlsender Sky nicht darüber informiert worden war, dass der vom Deutschen Fußball-Bund beauftragte Medienanwalt Christian Schertz unmittelbar vor ihm zu Wort kommen sollte. "Wollte mich Sky verarschen, mir nicht zu sagen, dass sie vor mir Schertz attackieren lassen?", fragte Weinreich am Sonntagabend auf Twitter und bezeichnete Sky - wie schon in der Sendung - als "Beckenbauer-Sender".
Sky habe ihn auflaufen lassen, so der Journalist. "Wäre ich zum vereinbarten Termin dagewesen, hätte ich Schertz nicht mal mitbekommen." Bei Sky kann man die Kritik auch am Tag nach der Live-Sendung nicht nachvollziehen. "Wir sehen es als unsere journalistische Pflicht an, bei Themen dieser Tragweite beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Das ist auch gestern geschehen", erklärte ein Sendersprecher am Montag gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. "Beide Seiten hatten Gelegenheit, ihren Standpunkt darzustellen, und haben davon ausführlich Gebrauch gemacht. Wir haben dem Zuschauer somit die Möglichkeit gegeben, sich ein eigenes Bild von der aktuellen Sachlage zu machen."
Die Frage, ob Sky den freien Journalisten rückblickend betrachtet im Vorfeld des Interviews darüber hätte informieren sollen, dass DFB-Anwalt Christian Schertz zuvor zu Wort kommt, ließ der Sender aber unbeantwortet. Auch "Sky90"-Moderator Patrick Wasserziehr wollte sich nicht mehr zu der Sendung vom Sonntag äußern. Wasserziehr hatte Weinreich unter anderem gefragt, ob der "Spiegel" nach seinem Bericht vom Wochenende noch etwas in der Hinterhand habe. Weinreich fasste das Gespräch als "Vorführen eines der Journalisten" auf und sprach von einem "Mini-Tribunal" - ein Vorwurf, gegen den sich Wasserziehr verwahrte. "Das ist historisch anders belegt. Ich glaube, das sollten wir ganz dringend bleiben lassen", konterte der Moderator.

In den vergangenen Tagen hatte der "Spiegel" für seinen Bericht zunehmend Kritik einstecken müssen, weil das Nachrichtenmagazin keine Beweise für einen angeblichen Stimmenkauf in Bezug auf die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 vorlegte. TV-Kommentator Marcel Reif forderte im Bayerischen Rundfunk beim "Sonntags-Stammtisch" von "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort Belege, weil Niersbachs Aussagen der "Spiegel"-Geschichte gegenüberstünden. "Am Freitag war es ein Hammer, jetzt ist es nur noch ein Hämmerchen", sagte Reif. Journalist Jens Weinreich hat sein Twitter-Profil inzwischen übrigens aktualisiert. Über seine Person ist nun Folgendes zu lesen: "Wer oder was bin ich? DFB-Knechte meinen: unprofessionell, unmöglich, unsachlich, unverantwortlich, fahrlässig, grausam, absolutistisch."
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