RTL ging in diesem Jahr bei der Präsentation seiner Pläne für die neue TV-Saison andere Wege. Im Sommer gab es zunächst lediglich eine Pressemitteilung, die einige neue Formate enthüllte. Offen ließ der Marktführer dabei vor allem, wie man sich im Show-Bereich abseits der bewährten Eckpfeiler "DSDS", "Supertalent", "Let's dance" oder "Wer wird Millionär" aufstellen will. Da Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann bis nach Beginn der Herbstsaison gewartet hat, um nun im Hamburg vor die Presse zu treten und das neue Programm zu präsentieren, weiß man zumindest schonmal: Einfach einen Erfolg wie "Let's dance" zu kopieren und mit geringfügigen Anpassungen als "Stepping Out" auf den Bildschirm zu bringen, ist kein Erfolgsrezept, wie die ernüchternden Quoten beweisen.
Frischere Ideen sind also gefragt. Und tatsächlich legt RTL im Show-Bereich im Vergleich zu den bisher bekannten Plänen nochmal deutlich nach. Doch auch wenn RTL-Chef Frank Hoffmann in Hamburg sagt, dass "die Entwicklung weiterer, eigener Inhalte im Vordergrund" stehe: Im Show-Bereich haben sich die Kölner vor allem im Ausland umgesehen. Dabei sind sie in Holland beispielsweise auf eine weitere Castingshow gestoßen - und die bringt tatsächlich nochmal einen neuen Ansatz mit: Die Hauptfiguren in "Die Puppenstars" sind nämlich tatsächlich Puppen - und natürlich die dazugehörigen Puppenspieler, die mit originellen Auftritten eine Jury rund um den wohl bekanntesten Puppenspieler des Landes Martin Reinl überzeugen müssen. Man darf gespannt sein, wer noch in der Jury sitzt - im holländischen Original ist ein Mitglied nämlich die Puppe Miss Izzy. (Hier ein Ausschnitt)
Aus Japan stammt das Format "Ninja Warrior", das auch in Amerika bereits sieben Staffeln lang als Adaption zu sehen ist und dort in diesem Jahr im Sommerprogramm zu den stärksten Formaten der Networks gehörte. In der Sendung müssen Kandidaten mit Stärke, Schnelligkeit und Ausdauer den "härtesten Hindernisparcours der Welt" absolvieren. Nicht um körperliche, sondern um geistige Stärke geht es hingegen beim Quizformat "500 Questions", das im Mai in den USA Premiere feierte, dort übrigens als einwöchige Event-Programmierung. RTL sieht in der Sendung eine "perfekte Ergänzung zu 'Wer wird Millionär?'". In der Sendung gilt es, ohne jede Hilfestellung wie etwa vorgegebene Antwortmöglichkeiten, 500 Fragen zu beantworten. Man muss zwar natürlich nicht alle Fragen richtig beantworten - aber eines darf keinesfalls passieren: Drei falsche Antworten in Folge. In diesem Falle scheidet der Kandidat nämlich aus und muss dem nächsten die Chance überlassen. Das US-Format will RTL für den deutschen Markt noch einmal überarbeiten, wer es moderieren wird, ist noch unklar.
Aus Großbritannien schließlich stammt die Inspiration für ein Format, das unter dem Arbeitstitel "Die große Hypnoseshow" entwickelt wird. Vorlage ist das BBC-Format "You're back in the Room". Prominente Gäste bestreiten darin mit normalen Kandidaten im hypnotisierten Zustand Spiele. Dazu verspricht RTL Publikumsaktionen und "Einspielfilme mit allerhand Verrückt-Spaßigem zum Thema Hypnose". Und auch bei einem anderen Format arbeitet man mit der BBC zusammen: Wie schon seit längerem bekannt wird an einer deutschen Adaption der Kult-Auto-Show "Top Gear" gearbeitet.
Geplant ist sie unter dem Titel "Top Gear Deutschland - Die Show". Zum Kult brachte es das britische Format vor allem durch die Moderatoren - die nun bekanntlich zu Amazon gewechselt sind. Um so spannender also die Frage, wer das Format hierzulande präsentieren wird. RTL bedient sich dafür bei Auto-Formaten zweier Schwestersender: Panagiota Petridou von "Biete Rostlaube, suche Traumauto" bei Vox und Matthias Malmedie vom RTL II-Magazin "Grip" werden sich "in jeder Folge einen unterhaltsamen Geschlechterkampf liefern", wie es bei RTL heißt. Auch prominente Gäste sind mit an Bord.
Und schließlich hat RTL auch zumindest ein wenig das Geheimnis um das zweite geplante Format für Heimkehrer Christian Rach gelüftet, der mit "Rach Undercover" derzeit aus Quotensicht eine ziemlich gute Figur am Montagabend macht. Sein zweites Format, das im kommenden Jahr zu sehen sein soll, heißt: "Rach sucht: Deutschlands Lieblingsrestaurant". Dafür können sich Lokale selbst bewerben oder auch Gästen vorgeschlagen werden. Die Restaurants werden besucht, unter verschiedenen Aspekten geprüft und dabei auch in unterschiedliche Kategorien aufgeteilt. Anschließend werde Christian Rach die Wirte in Situationen bringen, die nicht alltäglich seien, heißt es in der Beschreibung von RTL.
Geburtstag feiert in diesem Jahr übrigens der "RTL Spendenmarathon", der diesmal mit einer großen "Comedy-Gala" gefeiert wird. 20 Comedians und prominente Gäste treten in der Primetime-Show am 20. November auf und bringen ein "Geschenk" mit, das etwa aus Studioaktionen, lustigen Einspielern oder ungewöhnlichen Duetten bestehen kann. Die übrigen neuen Formate im Comedy-Bereich hatte RTL bereits im Sommer vorgestellt. So wird Joachim Llambi mit vier weiteren prominenten Gästen in "Die Reisechecker" Reise-Ziele einem Realitäts-Check unterziehen. In "Der Nächste, bitte! Mirjas Sprechstunde" soll's "informativ, kritisch und investigativ" ums Thema Medizin gehen. Bülent Ceylan wird in seiner "großen Überraschungshow" Zuschauer mit "verrückten, spektakulären und unglaublichen Aktionen" überraschen.
Auch wenn RTL am Donnerstag also eigentlich nur im Show-Bereich noch wirklich Unbekanntes zu verkünden hatte: Das Aushängeschild bei der Präsentation wie auch der gesamten Saison bleibt "Deutschland 83". Die Serie, die schon Anfang des Jahres bei der Berlinale zu sehen war und auch in den USA schon ihre von US-Kritikern äußerst wohlwollend begleitete Premiere feierte, wurde am Donnerstag nochmal vorgestellt. Als man schon fast den Eindruck bekommen konnte, RTL wolle sich noch unendlich im Lob für die Serie sonnen und die Ausstrahlung bis in alle Ewigkeit verzögern, wurde nun der Starttermin offiziell gemacht. "Deutschland 83" findet am 26. November den Weg ins RTL-Programm. Die acht Folgen laufen dann also donnerstags im Doppelpack, eine Woche vor Weihnachten ist dann also alles vorbei. Begleitet wird die Premiere übrigens von der zweistündigen Doku "1983 - (K)ein bisschen Frieden", in der sich Peter Kloeppel und Inka Bause auf Zeitreise ins reale Deutschland des Jahres 1983 begeben.
Ansonsten setzt RTL im Bereich eigenproduzierte Fiction wie bekannt auf große Event-Filme. "Wir hatten angekündigt, uns im Fiktionalen intensiver mit der jüngeren Geschichte unseres Landes zu beschäftigen und freuen uns darauf, unseren Zuschauern jetzt erste Ergebnisse präsentieren zu können", so Hoffmann über die Strategie. Am 12. November steht nun der verschobene "Starfighter"-Film an, in "Die Turnschuh-Giganten" geht es um die Dassler-Brüder, für die nächste Saison wird die Verfilmung des "Costa Concordia"-Unglücks vorbereitet. Pläne für eine weitere Serie, mit der man an den Kritikererfolg von "Deutschland 83" anknüpfen will, hatte man zumindest öffentlich noch nicht zu verkünden. Aber gemeinsam mit NBC Universal und TF1 arbeitet man derzeit bekanntlich an der Entwicklung von drei neuen Serien, die allesamt aber als Procedurals angelegt sein sollen. Dass dabei nochmal ein gleich großer Kritikererfolg herauskommen wird, erscheint angesichts dessen eher unwahrscheinlich.
RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann in Hamburg
Auf Zusammenarbeit setzt man auch im Info-Bereich: Mit Gruner + Jahr arbeitet man bei der TV-Adaption des Magazins "Stern Crime" zusammen, mit Correct!v für Reportagen, die im Rahmen des "RTL Nachtjournals" gezeigt werden. Aushängeschild im Bereich Investigativ-Recherche bleibt aber weiterhin das "Team Wallraff", das naütlrich fortgesetzt wird. Hoffmann kündigte an, dass es weiterhin Thementage wie jüngst zur Flüchtlingskrise geben solle. Zudem baue man das Korrespondentennetz angesichts der unruhigen Weltlage aus. Auch der Vertrag mit Antonia Rados wurde gerade um drei Jahre verlängert.
"Events sind das Lebenselixier des Free-TV", so Frank Hoffmann. Schaffen wird RTL die fraglos weiter mit der Übertragung der Qualifikationsspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Mit dem Coup, ARD und ZDF hier die Rechte abzujagen, ist RTL in Zeiten allgemein sinkender Quoten offenbar sehr zufrieden. "Die Rechnung ist aufgegangen", so Hoffmann. Nun muss es nur noch gelingen, auch mit mehr anderen Formaten die Zuschauer beim Dauer-Marktführer zu halten, dessen Nimbus der Unbesiegbarkeit doch längst arg angekratzt ist. Doch der Anspruch, nicht in der Nische, sondern in allen Zuschauerschichten zu punkten, bleibt. "Wir möchten keinen Zuschauer, keinen Geschmack ausschließen. Wir sind vielleicht der demokratischste Sender im deutschen Fernsehen - und abgestimmt wird mit der Fernbedienung." Und auch wenn man längst nicht nur andere Sender als Gegner hat, bleibt Frank Hoffmann guten Mutes: "Die Transformation unseres Geschäfts in die digitale Welt ist eine spannende Zeit, nicht nur, aber auch für uns. Wir sind überzeugt, dass die besten Inhalte entscheidend sein werden. Hier sehen wir uns auf einem guten Weg."