"Nein, der Hauptsitz des 'Focus' wird definitiv nicht nach Berlin verlegt. Der Verleger Hubert Burda will das Blatt um sich herum haben und das bleibt auch so." So tönte es noch Anfang 2010 aus der "Focus"-Chefredaktion. Inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Seit 2012 baut der "Focus" nun schon Stück für Stück seinen Berliner Standort aus. Im ersten Halbjahr 2016 folgt nun der nächste große Schritt. Künftig sollen etwa drei Viertel aller Mitarbeiter in der Bundeshauptstadt arbeiten, darunter auch die gesamte Produktion und der größte Teil der Redaktion.
In einer Pressemitteilung heißt es bei Burda zwar, dass man an einem "starken Münchner Standort" festhalte und fast alle Ressorts dort weiterhin vertreten seien, Chefredakteur Ulrich Reitz erläutert aber im Interview mit "Horizont", dass nur sieben oder acht Redakteure in München verbleiben können. Daneben verbleiben die Line-Extensions "Focus Money" und "Focus Gesundheit" sowie der kaufmännische Bereich in München. 55 Mitarbeiter erhalten nun aber eine Änderungskündigung und das Angebot, nach Berlin umzuziehen. Von fünf Mitarbeitern wird man sich im Zuge dessen allerdings auch trennen, es kommt also zu einem erneuten Stellenabbau.
Dafür will Reitz ein Netzwerk aus etwa 50 freien Autoren, Korrespondenten und Experten aufbauen und so sein inhaltliches und thmatisches Spektrum erweitern. Generell will Reitz weg vom aktualitätsgetriebenen und stärker hin zum einordnenden und vertiefenden Journalismus - keine besonders ausgefallene, aber wohl eine gebotene Idee bei einem wöchentlichen Print-Magazin.
Ulrich Reitz erklärt: "Wir bündeln die Kraft unserer Redaktion. Wir sind künftig das aktuelle Magazin mit der größten Redaktion in Berlin - aber wir bleiben auch das aktuelle Magazin mit der stärksten Vertretung in München. Was für Münchner Kollegen mit Härten verbunden ist, ist für 'Focus' insgesamt richtig. Wir werden von Berlin aus ein deutschlandweites Netzwerk aus Autoren schaffen, das unsere Redaktion beliefert und von ihr gesteuert wird. Damit werden wir unsere Leser In der gewohnten Qualität beliefern können. Wir starten also im Jahr 24 unserer Existenz noch einmal durch. Wir tun es mit Zuversicht und, wie stets, mit journalistischer Leidenschaft."
BurdaNews-Geschäftsführer Burkhard Graßmann: "Nachrichten werden heute längst nicht mehr nur in gedruckter Form verbreitet. Dadurch hat sich die Rolle von aktuellen Magazinen verändert. Auch die Anforderungen an die Arbeitsweise von Journalisten und Redaktionen wandeln sich grundlegend. Diese Redaktionsreform und die weitere Stärkung des Berliner Standorts sind daher als Investitionen in die Zukunft zu verstehen. Wir wollen das Magazin langfristig profitabel und somit journalistisch unabhängig halten – dafür sind diese Veränderungen notwendig. Es ist zudem ein erstrebenswertes Alleinstellungsmerkmal, das Nachrichtenmagazin aus der Hauptstadt zu sein."