TV Bayern, das in Bayern viele lokale und regionale TV-Sender vermarktet, hat weiterhin erheblichen Ärger mit seinen eigenen Mandanten. Im März hatte der Vermarkter etwas überraschend angekündigt, eine Vermarktungskooperation mit ProSiebenSat.1 anzustreben. Damit soll es ermöglicht werden, regionale Spots bei ProSiebenSat.1 sowie den regionalen TV-Programmen in Bayern in einem Aufwasch zu schalten. Während ProSiebenSat.1 so an regionale Kunden ran will, erhofft sich TV Bayern, im Gegenzug auch den nationalen Werbemarkt anzapfen zu können.
Während man bei TV Bayern große Chancen sieht, herrscht bei einigen der von TV Bayern vermarkteten Sender erhebliche Skepsis. Tatsächlich hatten sich kurz nach der Ankündigung der geplanten Kooperation mehrere Sender zu Wort gemeldet und sich äußert irritiert gezeigt, zumal man von den Plänen aus der Presse habe erfahren müssen. In der vergangenen Woche schickte dann münchen.tv bereits eine Abmahnung an seinen eigenen Vermarkter und kündigte an, im Falle eines Vertragsabschlusses mit ProSiebenSat.1 den Vertrag mit TV Bayern umgehend zu kündigen.
Nun haben auch a.tv (Augsburg), allgäu.tv (Kempten), Regio TV Schwaben (Neu-Ulm), intv (Ingolstadt), Donau TV (Deggendorf) und Isar TV (Landshut) eine Abmahnung angekündigt. Man werde den Vermarktungsverbund verlassen, sofern es zu der angedachten Zusammenarbeit mit ProSiebenSat.1 komme. Verliert TV Bayern alle diese Sender, dann kämen dem Vermarkter rund die Hälfte der Reichweite seines Gesamt-Portfolios abhanden.
a.tv-Geschäftsführer Felix Kovac beschreibt die Gründe dafür so: "Die Reichweitenunterschiede zwischen den bayerischen Lokalsendern und den Programmen der ProSiebenSat.1-Gruppe sind eklatant. Unter marktüblichen Gesichtspunkten würde dies bedeuten, dass mögliche Erlöse nach eben diesen Reichweiten aufgeteilt würden. Große Gewinnerin wäre die ProSiebenSat.1 Media AG. Wir bekämen lediglich „lousy pennies“ und im Gegenzug würden wir einen übermächtigen Mitbewerber unsere langjährigen Kundenkontakte eröffnen. Das wäre nicht nur kurzsichtig, sondern könnte für die betroffenen Lokalsender existenzgefährdend werden. Aus unserer Sicht ist es mehr als offensichtlich, dass ProSiebenSat.1 die Zusammenarbeit mit dem Lokalfunk momentan nur aus Gründen der medienpolitischen Opportunität anstrebt. Sobald die Zusammenarbeit nicht mehr nützlich ist, könnte sie von ProSiebenSat.1 beendet werden und wir wären unsere wichtigen Regionalkunden endgültig los."
Die Sender erwarten ohnehin, dass die Kooperation aus kartellrechtlicher Sicht gar nicht möglich wäre. Eine kartellrechtliche Einschätzung einer Münchner Kanzlei habe jedenfalls ergeben, dass der Wettbewerb zwischen TV Bayern udn ProSiebenSat.1 beschränkt oder ganz ausgeschaltet würde und daher eine "kartellrechtliche Freistellung kaum vorstellbar" sei. "Ehrlich gesagt, sind wir verwundert darüber, dass dieser Aspekt offensichtlich weder von TV Bayern, noch von ProSiebenSat.1 im Vorfeld geprüft wurde", so Kovac.