Die Meldung am Dienstag kam überraschend: ProSiebenSat.1 und TV Bayern, das in Bayern viele lokale und regionale TV-Sender vermarktet, machten Pläne für eine Vermarktungskooperation öffentlich. Damit solle es ermöglicht werden, regionale Spots bei ProSiebenSat.1 sowie den regionalen TV-Programmen in Bayern in einem Aufwasch zu schalten. Überraschend war die Meldung deshalb, weil die Lokalsender über ihren Verband APR sich im Dezember, als das Bundesverwaltungsgericht die regional begrenzte Werbung in bundesweiten Programmen für rechtmäßig erklärte, noch scharfe Kritik geübt und schnelle Gesetzesänderungen gefordert hatten. TV Bayern sprach nun hingegen von einer "großen Chance".
Hat also ein grundsätzliches Umdenken eingesetzt? Festhalten lässt sich: Zumindest nicht bei allen. Am Mittwoch melden sich nun nämlich zwei Lokalsender-Betreiber mit insgesamt sechs Sendern zu Wort und widersprechen deutlich. Zum Einen handelt es sich um die München Live TV Fernsehen GmbH, die "münchen.tv", "münchen 2" und "RTL München Live" produzieren, zum anderen geht es um die Gruppe aus "allgäu.tv", "augsburg.tv" und "Regio TV Schwaben".
"Leider haben wir erst aus der Presse erfahren müssen, dass unser Vermarkter 'TV Bayern' offensichtlich eine Zusammenarbeit mit der ProSiebenSat.1 Media AG anstrebt. Wir halten diese Zusammenarbeit nicht für zielführend und möchten klarstellen, dass wir eine Vermarktung durch ProSiebenSat.1 ablehnen.", kommentiert der Geschäftsführer von münchen.tv, Christoph Winschuh. Die Sender würden "Irritationen im Werbemarkt" befürchten, heißt es weiter. Felix Kovac, Geschäftsführer von augsburg.tv und Regio TV Schwaben, droht offen mit dem Bruch mit "TV Bayern": "Das unabgestimmte Vorgehen von TV Bayern können wir leider nicht akzeptieren. Sollte es tatsächlich zum Abschluss eines Vermarktungsvertrages zwischen TV Bayern und ProSiebenSat.1 kommen, werden die sechs Sender die Zusammenarbeit mit TV Bayern unverzüglich aufkündigen."
Christoph Winschuh fügt hinzu: "Außerdem möchten wir klarstellen, dass wir uns ganz eindeutig gegen eine regionale Auseinanderschaltung von Werbung in bundesweiten Fernsehprogrammen aussprechen. Wir appellieren daher an die Ministerpräsidentenkonferenz, die sich am kommenden Freitag mit diesem Thema befasst, den Rundfunkstaatsvertrag in unserem Sinne zu ändern." Offenbar gibt es nun also erstmal Gesprächsbedarf zwischen Vermarkter und Sendern.
Update, 16:12 Uhr:
Johannes Muhr, Geschäftsführer des Vermarkters TV Bayern hat gegenüber DWDL.de auf diese Vorwürfe reagiert und betont zunächst, dass es vertragliche Regelungen mit den Sendern gebe, die TV Bayern die Kooperation mit Dritten ausrücklich erlauben würden - eine vorherige Erlaubnis sei daher auch nicht notwendig gewesen. Zudem gebe es bislang auch nur einen Letter of Intent mit ProSiebenSat.1 - die genaue Ausgestaltung des Vertrages werde man nun erst noch verhandeln und die Ergebnisse dann auch mit den Sendern besprechen.
An der geplanten Kooperation mit ProSiebenSat.1 will Muhr in jedem Fall festhalten und betont noch einmal, welche große Chance er darin für den lokalen TV-Markt sieht, der anders als der lokale bzw. regionale Hörfunk insgesamt rote Zahlen schreibe. Denn während die Hörfunksender über die großen Vermarktungskombis auch den nationalen Werbemarkt und Markenartikler für sich gewinnen können, fehlt es den lokalen TV-Sendern bislang an einer solchen Möglichkeit. Die Kooperation mit ProSiebenSat.1 böte nun aber genau diese Chance. Das Potential unterstreicht er mit zwei Zahlen, während bei TV Bayern nur 3,3 Prozent der Einnahmen von überregionalen oder nationalen Kunden kommen, sind es im Hörfunk rund 23 Prozent.