„Newtopia ist das größte TV-Experiment der letzten Jahre“, verspricht Sat.1-Mann Taco Ketelaar und kommt beinahe danach ins Schwärmen: „15 Menschen schaffen ihre eigene Gesellschaft. Niemand gibt ihnen Regeln vor. Es gibt keine Challenges und viele spannende Fragen: Wie werden sich 15 Menschen, die sich zuvor noch nie gesehen haben strukturieren? Was werden sie zuerst schaffen und bauen? Welche Regeln werden sie sich selbst aufstellt? Und wie unterscheiden die sich von denen in der realen Welt? Wer kommt wie mit wem zurecht? Wer wird welche Rolle in Newtopia einnehmen? Und wird es sogar ein Liebespaar geben?“ Bei Sat.1 hofft man, dass es auf diese Fragen Antworten geben wird - und dass das den Zuschauer auch interessiert.
Das niederländische Original ist innerhalb des Genres Reality TV eine spannende Weiterentwicklung, die nicht zufällig vom Erfinder von „Big Brother“ kommt. 15 Menschen und je nach Blickwinkel die Chance oder Herausforderung eine völlig neue Gesellschaft zu gründen. Zwei Hektar Land, eine Scheune, zwei Kühe, einige Hühner, Anschlüsse für Gas, Wasser und Strom sowie ein geringes Startkapital stehen dafür zur Verfügung. Doch ohne Drehbuch muss Sat.1 hoffen, dass das Format schnell eine eigene Dynamik und die 15 Bewohner von Newtopia mit ihrem Handeln tragende Storylines entwickeln. „Newtopia“ ist zweifelsohne die größte Wette des Fernsehjahres 2015 und für Sat.1 die Hoffnung, am Vorabend einen Hit zu landen, der idealerweise einen ganzen Sender nach oben zieht, wie es zuletzt die Telenovela „Verliebt in Berlin“ vor zehn Jahren geschafft hatte.
„In Holland hat es die Marktanteile in der Access vervielfacht“, gibt Sat.1-Geschäftsführer Nicolas Paalzow anlässlich der Format-Präsentation am Dienstagabend in Hamburg zu bedenken. „Ich bin stolz darauf, dass Erfinder John de Mol ‚Newtopia‘ mit Sat.1 ins deutsche Fernsehen bringt. Unsere Zusammenarbeit hat nicht zuletzt durch ‚The Voice Kids‘ und ‚The Voice of Germany‘ schon eine erfolgreiche Tradition.“ Hinter dem unerschütterlichen Glauben an das Mammut-Projekt steckt auch die Notwendigkeit zum Erfolg - auf beiden Seiten. Während Sat.1 den Vorabend zuletzt brach liegen ließ und mit Wiederholungen von Primetime-Krimiserien bespielte, braucht auch John de Mol dringender als er es zugeben mag, einen Erfolg des Formats in Deutschland.
Drüben in den USA war „Utopia“, so der Originaltitel, ein peinlicher Flop für den US-Sender Fox und wurde nach wenigen Wochen gestoppt. Entmutigt das nicht? „Nein, gar nicht“, sagt Taco Ketelaar im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. „Das Format, das in den USA lief war in seiner Form komplett unterschiedlich zu dem, was wir hier machen. Die Amerikaner zeigten es zunächst zweimal, später einmal pro Woche in der Prime Time. Wir orientieren uns an dem niederländischen Format, dass dort wochentäglich in der Access Prime Time läuft.“ Klar ist aber: Wird „Utopia“ - in Deutschland aus rechtlichen Gründen „Newtopia“ - bei Sat.1 kein Erfolg, hat de Mols Fernsehschmiede Talpa große Probleme das Format noch einmal international zu vermarkten.
Ein Erfolg hingegen wäre ein Jackpot für jeden Formatentwickler - würde sich doch argumentieren lassen, dass es sich eben räche, wenn man vom Originalformat zu stark abweicht - wie es die Amerikaner getan haben. „Die Ausstrahlungsform bei uns gleicht der niederländischen Version“, sagt Sat.1-Mann Ketelaar. „Aber inhaltlich wird es natürlich Unterschiede geben, da unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Geschichten schreiben. Außerdem haben unsere Pioniere nur 5.000 Euro Startguthaben im Tresor. In den Niederlanden waren es 10.000 Euro.“ Von Montag bis Freitag sehen die Sat.1-Zuschauer ab 19 Uhr eine Stunde lang die Zusammenfassungen der Ereignisse in „Newtopia“, eingefangen von mehr als 100 Kameras, die rund um die Uhr laufen.
Im Netz gibt es die Möglichkeit via bis zu vier Livestreams am Geschehen dran zu bleiben. Außerdem können die User sich einen "Newtopia"-Pass holen und die Geschehnisse im Format beeinflussen, beispielsweise indem sie neue Menschen ins Dorf schicken. Sat.1 will "Newtopia" zudem über viele Social-Media-Kanäle verbreiten, darunter Facebook, Twitter, Instagram, Google+ und Pinterest. Taco Ketelaar versichert: „Die TV-Zuschauer verpassen nichts. Alle wichtigen Ereignisse und Geschehnisse werden in der Sendung stattfinden.“ Das Internet sei ein tolles Zusatzangebot für Fans. Priorität hat die TV-Ausstrahlung. Ab dem 23. Februar wird sich zeigen, ob die Zuschauer Lust auf ein solches Reality-Experiment haben und es bei Sat.1 suchen - oder die Hoffnung auf Rettung nur eine Utopie war.