Auf der Suche nach dem nächsten Unterhaltungs-Hit halten sich Fernsehsender derzeit weltweit an einigen Strohhalmen fest. "Rising Star" ist einer dieser Strohhalme. Vollmundig vom israelischen Medienhaus Keshet angepriesen, sicherte sich RTL vor nicht mal einem Jahr auf der TV-Messe MIPCOM die Rechte. "'Rising Star' hat alle Elemente der klassischen Musikcastingshow, bringt das bekannte Genre der Castingshows jedoch auf ein neues Level", schwärmte RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann damals. Von dieser Euphorie ist nun, elf Monate später, nichts mehr zu spüren. An diesem Donnerstag läuft bereits das Finale von "Rising Star", zwei Wochen früher als zunächst geplant.
Es mag für den Kölner Sender und die Produktionsfirma Norddeich TV gewiss kein Trost sein, doch die Macher der deutschen Version von "Rising Star" sind mit ihrer Not nicht alleine. Schon im Frühjahr hatten die Brasilianer schlechte Erfahrungen mit dem Format gemacht, das die Zuschauer mittels App ins Geschehen einbinden sollte. Erst versagte die App, dann sanken die Quoten. Und auch in den USA erwies sich "Rising Star" nicht als der erhoffte Hit. Schwach gestartet, verlor die Sendung im Laufe der Staffel noch zahlreiche Zuschauer. Dieser Misserfolg wiederum ließ schon im August bei den Briten sämtliche Alarmglocken schrillen: Schon damals war von Zweifeln an dem Format und gar einem möglichen Ausstieg die Rede.
Der Quoten-Flop in Deutschland hat die nun getroffene Entscheidung vermutlich noch beschleunigt: ITV hat jedenfalls inzwischen offiziell bestätigt, von "Rising Star" die Finger zu lassen. Ursprünglich war geplant, die interaktive Castingshow Anfang kommenden Jahres an den Start zu bringen und damit die Lücke zwischen "X Factor" und "Britain's Got Talent" zu füllen. Doch daraus wird nun nichts mehr. Zu gering scheint das Vertrauen in die Show zu sein, die noch vor nicht mal einem Jahr als weltweiter Hoffnungsbringer hoch gehandelt wurde. Das nötige Quotenpotenzial, das für einen Erfolg nötig wäre, spricht ITV "Rising Star" in einem inzwischen verbreiteten Statement ganz offen ab.
"Es besteht immer ein Risiko, wenn man ein ambitioniertes neues Konzept starten möchte", sagte Sammy Nourmand, UK-Chef von Keshet, zur Entscheidung von ITV und zeigte sich zugleich enttäuscht vom Rückzieher des britischen Privatsenders, der den Stern vermutlich endgültig zum Sinken brachte. Doch "Rising Star" ist längst nicht der einzige Hoffnungsträger, der den Fernsehmachern weltweit aktuell Sorgen bereitet. In den USA ist "Utopia" aus der Show-Schmiede von John de Mol gerade erst mit schlechten Quoten an den Start gegangen - und verzeichnete am vergangenen Freitag sogar weniger als zwei Millionen Zuschauer, was für US-Verhältnisse einem ziemlichen Debakel gleichkommt.
Diese Entwicklung wird man in Unterföhring mit Sorge betrachten, schließlich laufen bei Sat.1 derzeit die Planungen für die deutsche Version auf Hochtouren. "Utopia" ist aufwändig und gleich auf ein Jahr angelegt - ein frühes Scheitern wäre also auch ein finanzielles Desaster für den Sender, der mit der Show über 15 Kandidaten, die eine möglichst ideale Gesellschaft erschaffen sollen, seinen brachliegenden Vorabend in Schwung bringen möchte. Ähnlich wie "Rising Star", das von Israel aus seinen weltweiten Siegeszug starten sollte, hatte "Utopia" bislang nur in einem Land Erfolg. In den Niederlanden läuft es aktuell aber immerhin so gut, dass dort gerade erst beschlossen wurde, die Show auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Einmal mehr ein Strohhalm, an dem sich festgehalten werden kann.