Der Absturz des Fluges MH 17 hat den Deutschen Presserat beschert. Gleich 30 Beschwerden gingen zur Berichterstattung über den mutmaßlichen Abschluss der Passagiermaschine ein. Dabei machte der Beschwerdeausschuss klar, dass identifizierende Abbildungen von Opfern in der Regel nicht mit dem Opferschutz vereinbar seien. "Die Argumentation einiger Medien, den Opfern ein Gesicht zu geben, ist nachvollziehbar, dennoch: Nur weil jemand zufällig Opfer eines schrecklichen Ereignisses wird, darf er nicht automatisch mit Foto in der Presse gezeigt werden", betonte die Ausschuss-Vorsitzende Ursula Ernst.
"Bild" erhielt für seine Online-Berichterstattung zum Flugzeugabsturz eine Missbilligung. Konkret geht es dabei um den Artikel "Ruhet in Frieden", der am 23. Juli erschienen ist. Darin wurden Opfer gezeigt, deren Fotos mit zahlreichen Details aus ihrem Privatleben angereichert wurden - obwohl, so meint der Presserat, am Abdruck der Bilder kein öffentliches Interesse bestand. Auch die Veröffentlichungen im "Stern" ("Angriff auf uns") und auf "Bunte Online" ("Diese Familie wurde ausgelöscht") wurden wegen der Abbildung entsprechender Fotos von Opfern und deren Familien sanktioniert. Mit Blick auf die weniger detaillierte Darstellung wurde hier jeweils bloß ein Hinweis erteilt.
Der "Spiegel" erhielt dagegen ebenso wie "Bild" eine Missbilligung. Grund dafür war die Titelseite "Stoppt Putin jetzt!". Aus Sicht des Ausschusses wurden die Opferfotos für eine politische Aussage instrumentalisiert, womit auch hier der Opferschutz verletzt worden sei. Gleich 18 Leser hatten sich über die Veröffentlichung beschwert. In weiteren Beschwerden ging es um die Abbildung von Leichenteilen im Trümmerfeld. Diese seien aber nicht unangemessen sensationell, urteilte der Ausschuss. Ursula Ernst: "Die Fotos dokumentieren eindringlich die schreckliche Dimension und die Folgen des Ereignisses. Sie sind noch akzeptabel, da kein Opfer erkennbar ist und die abgebildeten Situationen nicht unangemessen in der Darstellung hervorgehoben werden."
Eine Rüge handelte sich unterdessen die "Bild am Sonntag" ein. Es geht um den umstrittenen Kommentar "Islam als Integrationshindernis" von Nicolaus Fest, der insgesamt 215 Leserbeschwerden nach sich zog. Der Beschwerdeausschuss machte in der Diskussion deutlich, dass der Kommentar pauschalisierende Aussagen über das Verhalten von Muslimen im Allgemeinen enthält und diese eine diskriminierende Wirkung für Angehörige dieses Glaubens entfalten. Er sei unter anderem mit dem Ansehen der Presse nach Ziffer 1 des Pressekodex unvereinbar.
Zudem spreche der Kommentar dem Islam als Glaubensrichtung die Integrationsfähigkeit an sich ab und verletze damit die Ziffer 10 des Kodex. Darin heißt es unmissverständlich: "Die Presse verzichtet darauf, religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen zu schmähen." Ernst: "Kommentare dürfen pointiert sein, starke Kritik – auch an Religionen – enthalten und manchmal auch an Grenzen gehen. Hier wird jedoch die Grenze der Meinungsfreiheit deutlich überschritten, indem alle Muslime unter einen Generalverdacht gestellt werden. Die Angehörigen der Religion fühlen sich verständlicherweise diskriminiert."