Und das nicht zu knapp. Norddeich TV wirbt derzeit zahlreiche Köpfe in der deutschen Fernsehlandschaft ab, darunter auch Mitarbeiter von der RTL-eigenen Konkurrenz UFA Show. Es soll ein großer Aufschlag werden: Nach DWDL.de-Informationen lässt sich RTL die Adaption von „Rising Star“ so viel kosten wie keine andere Showproduktion in den letzten fünf Jahren. Mit Geld allein lässt sich jedoch nicht jede Herausforderung meistern: Bei der Castingshow, deren Alleinstellungsmerkmal das Live-Voting per App ist, welches unmittelbar auf einer überdimensionalen Video-Wand im Studio projiziert wird, braucht es einen verlässlichen technischen Partner, damit es kein Desaster wie beim Start in Brasilien gibt, wo die App versagte. Es ist eine reizvolle aber auch riskante Aufgabe.



Wenn „Rising Star“ später in diesem Jahr auf Sendung geht, dann soll es ein TV-Event wie einst die Premiere von „Deutschland sucht den Superstar“ werden. Bei einem Erfolg des eingekauften Formates hätte der Kölner Sender ein Stück weit Unabhängigkeit von Dieter Bohlen erreicht, der im vergangenen Jahrzehnt wie kein anderer die Primetime-Unterhaltung von RTL dominierte und dafür insbesondere von der Produktion aber auch vom Sender längst nicht mehr so vorbehaltlos geliebt wird, wie noch zu Zeiten von Rekordquoten. Zu lange schon diktiert Bohlen die Spielregeln bei „DSDS“, auch wenn immer andere die Neuerungen verkaufen dürfen. Sie sind seit Jahren nur das Ergebnis zwischen dem, was Sender und Produktionsfirma sich vorstellen und Bohlen akzeptiert.

Die drohende Konkurrenz durch „Rising Star“ ist für „Deutschland sucht den Superstar“ so etwas wie der Final Countdown. Eine neue Staffel ist zwar angekündigt, aber die wird durch die Erfahrungen des gerade beendeten 11. Durchgangs kaum noch etwas mit dem Original-Format zu tun haben. Nach DWDL.de-Informationen will man bei RTL ganz auf die erfolgreiche erste Phase der Sendung setzen und die Live-Shows noch weiter reduzieren. Möglich ist sogar nur ein Live-Finale im Studio. „Deutschland sucht den Superstar“ würde vom Show-Event damit zur Dokusoap, bei der sich das Storytelling viel direkter steuern lässt. Es ist im Grunde das Prinzip des Formats „Popstars“, der allerersten Castingshow auf dem TV-Markt. Wenn damit der Absturz der Reichweiten wirksam gestoppt werden kann, kann „Deutschland sucht den Superstar“ über die nächste Staffel hinaus einen festen Platz im RTL-Programm haben.

Das einstige Castingshow-Original von RTL ist dann zwar kaum noch wieder zu erkennen. Doch man hätte es immerhin komplementär zum per Formatkern zwingend live ausgestrahlten „Rising Star“ positioniert. „Das Supertalent“ spielt als nicht auf Gesang reduziertes Casting in dieser Betrachtung übrigens eine Nebenrolle, auch weil RTL und UFA Show hier im vergangenen Jahr schon ein glückliches Händchen bewiesen haben und die Sendung zu einer wieder harmloseren, guckbareren Variety-Show zurückgebaut haben. Wie es um die Zukunft von „Deutschland sucht den Superstar“ bestellt ist, hängt also nicht unwesentlich ab von „Rising Star“. Dass hier deutlich mehr Geld investiert wird als zuletzt bei „Deutschland sucht den Superstar“ gibt die Richtung vor.

Ein unerwarteter Joker für eine Zukunft von „DSDS“ ist übrigens die am Samstagabend gekürte Siegerin Aneta Sablik mit ihrem Siegersong: Anders als sonst üblich ist das keine schmalzige Pop-Ballade, keine perfekte Radio-Nummer. Es ist ein Dance-Track, der sehr an die Songs von Avicii erinnert. Diese Musikrichtung ging bislang noch nie aus „Deutschland sucht den Superstar“ hervor und macht zumindest neugierig darauf, wie erfolgreich ein Castingshow-Gewinner mit einem markttauglichen Song in diesem Genre werden könnte. Ein durchschlagender Erfolg könnte dem Format Relevanz zurückbringen. Doch dass ausgerechnet Musik „Deutschland sucht den Superstar“ rettet, wäre nach all den Jahren auch irgendwie absurd.