Im Anschluss an das sehenswerte Gesellschaftsdrama "Kein Entkommen" nahm das ZDF am Montagabend eine zum Thema des Films passende Sonderausgabe von "Maybrit Illner" ins Programm. "Gebrochene Opfer, kaputte Täter - Wie machtlos sind wir gegen Gewalt" lautete die Frage des Abends, die Illner unter anderem mit dem Jugendrichter Andreas Müller, dem Gefängnisarzt Joe Bausch sowie dem Opferbetreuer Christian Lüdke diskutierte. Sehr scharfe Kritik an der Sendung kam nun allerdings vom Weißen Ring.
"Mit dieser Sendung hat das ZDF Opfern von Gewalt einen Bärendienst erwiesen", gab Bundesgeschäftsführerin Bianca Biwer zu Protokoll. "Bedauerlich, dass zwei Tage nach dem Tag der Kriminalitätsopfer, an dem jährlich am 22. März auf die Situation von Opfer aufmerksam gemacht wird, soviel Unkenntnis Raum gegeben wurde." Das schade und entmutige Opfern und werde den Mitarbeitern des Weißen Rings nicht gerecht. Konkret stört sich der Weiße Ring offenbar daran, dass der Verband verbal keine Erwähnung in der Sendung fand.
Dass der "Weiße Ring" Rechtshilfe ermögliche und auch die Bundesländer zunehmend Traumaambulanzen einrichten, sei den Diskutanten offensichtlich unbekannt gewesen. Betroffenen und potentiell Betroffenen sei durch die Sendung signalisiert worden: "Wirst Du Opfer, so stehst Du ganz alleine da." So sei der Eindruck entstanden, dass außer Unterstützung von Familie und Freunden keine Hilfsmöglichkeiten bestehen würden. Diesen Vorwurf weist das ZDF auf DWDL.de-Nachfrage zurück - und nennt dafür auch gute Gründe. So sei mit Christian Lüdke ein Mitglied im Fachbereit Medizin/Psychologie beim Weißen Ring in der Sendung vertreten gewesen.
"Die Situation von Gewaltopfern und ihren Angehörigen wurde realistisch besprochen. Dazu trugen vor allem Tina K. und Vaja Marcone mit ihren konkreten Prozess- Erfahrungen bei", erklärte das ZDF auf Anfrage. Jugendrichter Andreas Müller habe im Übrigen nicht in Frage gestellt, dass bereits heute ein Opferanwalt bei "schweren Delikten auf Staatskosten gestellt" werde. Vielmehr habe er gefordert, dass dies grundsätzlich der Fall sein sollte. Auch der Weiße Ring verlange Verbesserungen der rechtlichen Situation der Opfer vor Gericht, die die gleiche Zielrichtung haben, so das ZDF.