Neue Morningshow bei tv.nrw - oder nrw.tv?

Screenshot: DWDLSollte sich am Montagmorgen ein Zuschauer zufälligerweise zum bislang wenig erfolgreichen und noch weniger attraktiveren Programm des im Oktober 2001 noch ambitioniert gestarteten NRW-Sender tv.nrw verirrt haben, dürfte er verwundert gewesen sein: Statt des bisherigen mehrstündigen Programmfensters von Bloomberg Television lief eine Eigenproduktion.

"Guten Morgen NRW" heißt das Frühstücksfernsehen, welches bei tv.nrw für mehr regionale Berichterstattung und damit einer Besänftigung der Landesmedienanstalt sorgen soll. Diese drohte dem Sender mit dem Entzug seines Privileg als so genanntes "landesweites Programm". Damit würde der Sender bei der Kabelbelegung keine vorrangige Berücksichtigung mehr finden. Nach einer Programmanalyse, die das Institut für Medienforschung IMGÖ (Göttingen und Köln) im Auftrag der LfM erstellt hat, haben durchschnittlich nur 8,1 Prozent der Gesamtsendezeit einen Bezug zu Nordrhein-Westfalen.

Moderiert wird die neue Live-Sendung von Ex-NBC GIGA-Moderatorin Uta Fußangel und dem ehemaligen n-tv-Korrespondenten Roger Horné. Umrahmt von Nachrichten, Verkehrslage und Wetter, sprachen die beiden Moderatoren in der ersten Sendung u.a. mit Lothar Schröder, Kulturredakteur der Düsseldorfer "Rheinischen Post" über den Abschied von Papst Johannes Paul II. sowie mit "Rhein Fire"-Headcoach Pete Kuharchek und Quaterback Andy Hall über die Niederlage gegen den Rivalen Köln am Sonntag. Ebenfalls auf der Gästeliste: Die Kabarettisten Kalle Pohl und Horst Lichter, die demnächst gemeinsam auf Tour gehen.

Informativ bei "Guten Morgen NRW" waren allerdings allenfalls die Gespräche, kaum die Nachrichten. Letztere, moderiert von Ex-NBC GIGA-Moderatorin Eske Pasenau, erinnerten von der flapsigen und übermotivierten Präsentation an die ZDF-Kindernachrichten "Logo". Nette Idee, leider schlecht umgesetzt: Verkehrsinformationen für NRW. Via der Website autobahn.nrw.de und Webcams auf diversen Internetseiten will man regionale News-to-use bieten. Wenn allerdings die angezeigten Informationen falsch interpretiert werden, nutzen sie dem Zuschauer wenig und sind mehr Show als Nutzen.

Screenshot: DWDLIm positiven sowie negativen Sinne ist Roger Horné der Ruhepol der Sendung: In seinen Interviews redet der ehemalige n-tv-Korrespondent selber gerne mehr als sein Interview-Partner, was gerade im Gespräch mit Lothar Schröder, dem Kulturredakteur der "Rheinischen Post" dazu führte, dass der Gast auf die langen Ausführungen Hornés knapp mit "Dem ist nicht hinzuzufügen" antwortete. Auf der anderen Seite sind aber sein trockener Humor und auch die unterhaltsamen Sticheleien zwischen Fußangel und ihm der gewisse Charme der vorerst davon abhielt, abzuschalten.

Produziert wird die Sendung im Foyer des Medienhauses, in dem früher der Shoppingsender QVC zu Hause war und welches seitdem weitgehend leersteht. Mit drei Tischgruppen, einigen Pflanzen und gelben Trennwänden soll Studio-Atmopshäre vermittelt werden. Dies würde gelingen, wenn die Kameras auch Einstellungen gewählt hätten, die dies statt den leeren Weiten des Foyers zeigen. Dass mehrfach Personen direkt vor der Kamera entlangliefen und während dem Interview mit NRW-FDP-Spitzenkandidat Ingo Wolf Hornés Mikrofon versagte und das Interview so unverständlich wurde, muss wohl der Aufregung bei der Premiere zugesprochen werden.

Ein Kuriosum bleibt allerdings die Frage, unter welchem Namen der private nordrhein-westfälische Fernsehsender ab sofort firmiert. Laut Einblendungen während "Guten Morgen NRW" ist vom neuen Namen nrw.tv die Rede. Der Teletext und ansonsten alle Programmeinblendungen und -vorschauen während der Werbepausen sprechen allerdings noch immer vom bisherigen Namen tv.nrw, ebenso wie das alte Logo weiterhin zum Einsatz kommt. Auf der neuen Website des Senders, die unter www.nrw.tv zu erreichen ist, ist jedoch ein neues Logo zu finden. Abgesehend davon bietet die Website dem Besucher bislang jedoch keine weiteren Informationen zum Programm: Die wenigsten Rubriken existieren überhaupt.

Bereits am Sonntagnachmittag erfuhr das Medienmagazin DWDL von der Umbenennung und konfrontierte die Landesanstalt für Medien, die dem Regionalsender eine letzte Frist bis zum Juni gesetzt hatten, mit der bevorstehenden Umbenennung und Programmumgestaltung des in die Kritik geratenen Senders. Dort allerdings war man vom Schnellschuss des Senders ebenfalls überrascht. Aus einer Umfirmierung ergebe sich aber keine Verlängerung der Frist, die die Medienwächter dem Sender gesetzt hatten, erfuhr das Medienmagazin DWDL.

tv.nrw oder eben nrw.tv wurde mehrfach ermahnt, statt stundenlanger CallIn-Sendungen mehr regionale Programme zu senden, um seinen privilegierten Kabelplatz weiter zu rechtfertigen. "Guten Morgen NRW" ist ein löblicher Ansatz, in der Umsetzung jedoch noch fragwürdig. Zusammen mit den Verwirrungen um den gültigen Namen ergibt sich ein Bild eines Senders mit Identitätsproblem. Erst die nächsten Wochen werden demnach zeigen, was der Sender will und - noch wichtiger - ob er es dann auch schafft.