Seit Jahrzehnten ist die Nutzung des Fernsehers im Wohnzimmer unverändert. Mögen auch neue Nutzungsformen via Computer, Tablet oder sogar Smartphone hingekommen sein, so hat sich beim klassischen TV-Konsum vom heimischen Sofa aus eins nie geändert: Wer die Einschalttaste drückt, bekommt Fernsehen. Entweder den zuletzt eingeschalteten Sender oder seinen Lieblingskanal. In jedem Fall war das lineare Fernsehsignal meist nur einen Knopf entfernt - wenn man mal von Umwegen über einzuschaltende Receiver absieht. Eine Welt, die 2014 ins Wanken kommt und dabei revolutionäre Auswirkungen haben könnte, die bislang völlig unterschätzt werden.

Am Donnerstag verkündete Sky, dass man mit Sky Home in den eigenen Receivern über ein Update einen neuen Service implementiert. „Fernsehvergnügen der nächsten Generation: Sky Home vereint lineare und On Demand Programme sowie redaktionelle Empfehlungen auf Knopfdruck“, heißt es in der Pressemitteilung des PayTV-Betreibers. Gemeint ist: Nutzer eines Sky Receivers erhalten beim Start ihrer Box nach dem Update kein klassisches TV-Signal, sondern als neunen Standard eingestellt einen „interaktiven und personalisierbaren Startbildschirm“, der auch später mit einem Knopfdruck immer wieder erreichbar ist.

Auf einen Blick gebe Sky Home so die besten Programme des Tages und der Woche aller linearer Sky Sender und der On Demand Services Sky Anytime und Sky Select, die auf dem HD-Receiver Sky+ verfügbar sind. Programme können über Sky Home wahlweise vorgemerkt, aufgezeichnet oder direkt gestartet werden. Durch die Kombination aus redaktionellen Empfehlungen und der individuell anpassbaren Senderliste in der Kategorie „Meine Lieblingssender“ sollen Sky Kunden so noch schneller, was für sie relevant und interessant ist.

Sky Home© Sky


Der neue Startbildschirm steht ab sofort für die Satelliten-Receiver von Sky zur Verfügung. Weitere Sky-Receiver für Kabelnetze sollen sukzessive folgen. „Sky Home ist das perfekte Instrument, um das Benutzererlebnis für unsere Kunden weiter auszubauen, indem wir ihnen auf Knopf- druck einfachen Zugang zu den besten Inhalten und Programmempfehlungen aus der Sky Redaktion bieten – alles direkt auf dem Sky Receiver (…) Wir möchten, dass unsere Kunden weniger Zeit mit der Suche verbringen und so mehr Zeit für besseres Fernsehen haben.“

Doch genau in diesem Satz steckt Zündstoff, der in diesem Jahr noch zu explodieren droht. Denn das Ziel von Sullivan ist natürlich, dass am Ende der verkürzten Suche seiner Abonnenten auch die Nutzung von Sky-Kanälen steht. Wer einen Sky-Receiver zum TV-Empfang nutzt, soll nach Sky-Vorstellungen künftig beim Einschalten der Box ausschließlich auf Sky-Kanäle hingewiesen werden. Immerhin: Sky Home lässt sich auf Wunsch auch wieder deaktivieren. Das eigentliche TV-Signal ist mit aktiviertem Sky Home jedoch einen weiteren Tastendruck entfernt und die hervorgehobenen Empfehlungen von einem einzelnen Programmanbieter gesteuert.

Dieses Problem ist seit vielen Jahren der Grund, warum die elektronischen Programmführer, die EPGs, meist furchtbar unattraktiv gestaltet sind. Eine Hervorhebung von besonderen Programmhighlights, die unterschiedliche Darstellung von größeren und kleineren Sendern - es galt seit über einem Jahrzehnt als Tabu, damit alle empfangbaren Kanäle gleich behandelt werden und so ein fairer Wettbewerb möglich ist. Doch dieser ehrenwerte Gedanke ist bald ein Relikt vergangener Tage.

Sky zieht vor und präsentiert mit Sky Home, was einzelne Hersteller von TV-Geräten ebenfalls schon angekündigt haben: Ihre Geräte sollen nach dem Einschalten künftig zunächst einen Homescreen zeigen, der neben dem linearen TV-Programm auf Apps und non-lineare TV-Angebote hinweist. Watchever-Chef Stefan Schulz hat darüber schon öffentlich gejubelt. Vielen TV-Zuschauern, die schon mit der Nutzung von VoD-Diensten und Mediatheken vertraut sind, werden das weniger empört verfolgen als die linearen TV-Sender.

Sie drohen in Zukunft mehr als nur einen Tastendruck entfernt zu sein - und gleichzeitig ihr Quasi-Monopol auf dem heimischen Wohnzimmer-Fernseher zu verlieren. Smart TV wird von einer optionalen Spielerei zum Tor der TV-Nutzung - und vergrößert so den Wettbewerb. Das kann man begrüßen. Doch es gilt zu klären: Wer kontrolliert eigentlich, welche Angebote den Nutzern dann bevorzugt angepriesen werden? Bei Sky-Receivern entscheidet das der PayTV-Anbieter künftig selbst. Ein Wettbewerbsvorteil, wenn man eigene Boxen im Land verteilt.