Wer am Vormittag auf den Live-Ticker "Der Morgen" bei "Spiegel Online" klickte, könnte über ein paar Sätze gestolpert sein, die man vermutlich nicht bei "Spiegel Online" erwartet hätte. "Jürgen Trittin und Claudia Roth erklären ihren Rückzug von Fraktions- bzw. Parteispitze der Grünen", stand da geschrieben. So weit, so ungewöhnlich. Dann wurde es allerdings doch noch ungewöhnlich: "Ich finde das sehr schade, ich hätte mir ein Weitermachen gewünscht. Beide wären Garanten für den endgültigen Untergang des widerwärtigsten Haufens der BRD-Parteienlandschaft gewesen."
Im Original stammen diese Sätze übrigens vom NPD-Politiker Holger Apfel, wie inzwischen klar ist. Er veröffentlichte sie am Tag nach der Bundestagswahl auf seiner Facebook-Seite - doch wie schafften sie es drei Monate später auf "Spiegel Online"? Es handelt sich dabei wohl um eine Verkettung unglücklicher Umstände, denn die nicht als Zitat gekennzeichneten Apfel-Parolen waren eigentlich Teil eines Blindtextes, wie Medienjournalist Stefan Niggemeier auf Twitter zeigte. "Spiegel Online" hatte sein neues Ticker-Tool am Tag nach der Bundestagswahl zunächst intern getestet, doch ein fehlerhafter Link führte am Mittwoch ausgerechnet auf diesen Test, der das genannte Zitat beinhaltete.
Welcher Redakteur das Facebook-Posting des NPD-Politikers zu Testzwecken in den Ticker einpflegte, ist nicht bekannt. Im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de bedauerte "Spiegel Online"-Chefredakteur Rüdiger Ditz am Nachmittag allerdings, dass der Test-Channel online gegangen sei. Zugleich betonte er, seine Mannschaft noch einmal aufgefordert zu haben, bei solchen Tests in Zukunft nur noch echte Blindtexte zu verwenden, die keinen aktuellen Bezug beinhalten.