Privatsender-Bashing zählte zu den Lieblingsdisziplinen des Abends. Die "Wild Girls", die RTL im Sommer nach Afrika geschickt habe, seien ebenso bekleidungs- wie zuschauerfrei gewesen, hatte ARD-Programmdirektor Volker Herres auf seinem Gag-Manuskript notiert. Einen Beitrag zum Tag des Hundes bei "RTL aktuell" - über einen Hundesalon in Las Vegas - nahm Moderator Matthias Opdenhövel zum Anlass für einen Stoßseufzer: "Gott sei Dank bin ich ja inzwischen zu Hause."

Gastgeberin Elke Schneiderbanger, Geschäftsführerin der ARD-Werbung Sales & Services, wiederum verwies auf eine Studie, nach der Spots im Umfeld der Vorabendkrimis "Heiter bis tödlich" 30 Prozent mehr Werbeerinnerung aufweisen als Spots zur gleichen Zeit bei Sat.1. Von Opdenhövel zu den Auswirkungen der Printkrise befragt, bezeichnete sie sich unumwunden als Profiteurin, da Ex-Printkunden ja anspruchsvoll seien und nicht gleich in den Dschungel wollten.



Wer zuvor noch nicht mitbekommen hatte, dass das TV-Jahr 2014 - jedenfalls das öffentlich-rechtliche - ganz im Zeichen des Sports steht, erfuhr es spätestens bei der "ARD-Medienlese" im Hamburger Hotel Atlantic. Zu Beginn des gediegenen Dinner-Abends stellte Opdenhövel den VIP-Werbekunden und Agenturchefs erst einmal Ex-"Hot Banditoz"-Sängerin und Ex-"DSDS"-Jurorin Fernanda Brandao vor. Die gebürtige Brasilianerin wird rund um die Fußball-WM als Expertin für Land und Leute im Ersten auftreten.

"Diesmal müssen wir das Ding nach Hause holen", feuerte Chef-Vermarkterin Schneiderbanger Jogis Jungs aus der Ferne an. Und Herres ergänzte später: "Jetzt zählt nur noch eins, der Titel!" Zumindest gute Quoten dürften dem Programmchef des Ersten vom 12. Juni bis 13. Juli gewiss sein. Ebenso während der Handball-EM im Januar und der Olympischen Winterspiele im Februar.

Die anschließenden Paralympics nutzt Herres für einen Themenabend, in dessen Mittelpunkt das Dokumentarfilm-Highlight "Gold - Du kannst mehr, als du denkst" steht. Das Filmteam um Regisseur Michael Hammon hatte drei Athleten über ein Jahr bis zu den Paralympics 2012 in London begleitet: Henry Wanyoike, blinder Marathonläufer aus Kenia, Kurt Fearnley, australischer Rennrollstuhlfahrer, sowie die querschnittgelähmte Schwimmerin Kirsten Bruhn, die in Hamburg auch als Botschafterin für die Mitte November stattfindende ARD-Themenwoche "Zum Glück" warb.

Glücklicher möchte Herres die Deutschen nach eigenem Bekunden auch an anderer Stelle im Programm machen. "In der weltweiten Happiness-Studie stehen wir nur auf Platz 26 - das schaffen wir sonst höchstens beim Eurovision Song Contest", so der Programmdirektor. Seine Konsequenz: mehr Humor im Ersten. Neben den ausgiebig gepriesenen "Heiter bis tödlich"-Krimis am Vorabend setzt er künftig am Donnerstag um 20.15 Uhr des öfteren auf Heimatkrimis. Am 5. Dezember etwa läuft "Dampfnudelblues", der bayerische Kino-Überraschungserfolg des Sommers, produziert von Constantin Television.

Auch der abendfüllende Primetime-Ausflug von "Hubert und Staller" am 7. November passt bereits in diese Reihe, die Herres gegenüber den Werbekunden strategisch unterfütterte: "Wir wollen Vor- und Hauptabend noch enger miteinander verknüpfen, damit sie sich gegenseitig beflügeln können." In der Tat könnten gerade die "Heiter bis tödlich"-Quoten jenseits von "Hubert und Staller" eine solche Beflügelung gut gebrauchen.

Als Höhepunkt des ARD-Sommerkinos 2014 stellte Herres "Ziemlich beste Freunde" in Aussicht, als Comedy-Highlight des Jahres neue monothematische TV-Parodien von Olli Dittrich nach dem Vorbild des einmaligen "Frühstücksfernsehens". Dittrich selbst ließ sich von Moderator Opdenhövel nur entlocken, dass er sich beispielsweise Promi- oder Politmagazine vorstellen könne und dass er einen Dreijahresvertrag anstrebe, der aber noch nicht ausgehandelt sei.

Ein glasklares Bekenntnis zur Werbung im Ersten legte im Laufe des Abends einmal mehr Lutz Marmor, ARD-Vorsitzender und NDR-Intendant, ab: "Werbung gehört zur Marktwirtschaft und gibt uns ein Stück mehr Unabhängigkeit. Außerdem müssten die Menschen sonst ein bis zwei Euro mehr Rundfunkbeitrag im Monat zahlen." Da konnten Kunden und Media-Strategen den Abend doch getrost an der Cachaça-Bar ausklingen lassen, die Cocktails mit den Namen der WM-Spielorte anbot. Cachaça heiße übersetzt "brennendes Wasser" und enthalte 48 Prozent Alkohol, gab Fernanda Brandao ihr vorgezogenes ARD-Expertinnen-Debüt.