Spekulationen über einen Umzug des "Focus" von München nach Berlin machen bereits seit geraumer Zeit die Runde. Nun wird es tatsächlich ernst - zumindest für einen Teil der Mitarbeiter. Die Zentralressorts Politik und Kultur sollen vollständig in die Hauptstadt umziehen, kündigte der Burda-Verlag am Mittwoch an. Auch Teile der Produktion sind von diesem Schritt betroffen. Das Wirtschaftsressort in München soll im Gegenzug ausgebaut werden. Man orientiere sich bei der Aufteilung der Standorte an den jeweiligen regionalen Stärken, hieß es.
"Berlin ist längst das politische und kulturelle Kraftzentrum Deutschlands", sagte "Focus"-Chefredakteur Jörg Quoos. "Es ist aus journalistischer Sicht konsequent, stärker Teil davon zu sein und nicht nur Beobachter aus der Ferne. Dabei vergessen wir nicht die große Bedeutung Süddeutschlands, besonders für Wirtschaft, Forschung und auch Sport." Guter Journalismus müsse den Puls der Macht fühlen im im ständigen Dialog mit den Entscheidern sein. "Mit einer stärkeren Präsenz in Berlin wird dies künftig leichter fallen." Quoos, der einst auch den Umzug der "Bild"-Zeitung in die Hauptstadt miterlebte, spricht dabei wohl aus Erfahrung.
Was was genau bedeutet das nun für die Mitarbeiter? Im Zuge der Neustrukturierung werden rund 25 Redakteursstellen von München nach Berlin verlagert. Bereits im vergangenen Jahr hatte "Focus" die Zahl der Stellen im Hauptstadtbüro von 15 auf fast 30 nahezu verdoppelt. Die Räumlichkeiten des Büros befinden sich nach Angaben des Verlags ab Frühjahr kommenden Jahres in der neuen Berliner Niederlassung von Hubert Burda Media am Potsdamer Platz. Geschäftsführer Burkhard Graßmann wertet den Umzug als "Zeichen des Aufbruchs"."Es gibt nur zwei Optionen: Bestehendes verwalten oder in die Offensive gehen - wir haben uns für entschlossenes Angriffsspiel entschieden."
Gleichzeitig sei die Verwurzelung im süddeutschen Raum jedoch ein Alleinstellungsmerkmal, das man "selbstverständlich nicht aufgeben" wolle. So weit geht die Entschlossenheit dann also doch nicht. Graßmann: "Wir sind davon überzeugt, dass die Redaktion von der räumlichen Nähe zu den entscheidenden Akteuren profitieren wird." Ob die Mitarbeiter ähnlich euphorisch sind, ist unklar. Erst im Mai war von einem "Brandbrief" die Rede. Darin protestierten 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegen Umzugspläne in die Hauptstadt.