Nachdem der "Spiegel" am Wochenende über eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung über die angeblich zunehmende Boulevardisierung bei NDR Fernsehen und SWR Fernsehen berichtete, meldete sich nun noch einmal beide Sender zu Wort. Man weise die Darstellung "mit Nachdruck" zurück, teilte der NDR mit. In seinem Bericht hatte sich der "Spiegel" auf das Vorwort der Studie berufen. "Die Studie selbst zeichnet ein anderes Bild", stellte Eva Holtmannspötter, Leiterin der NDR-Medienforschung, klar. "Sie bescheinigt dem NDR Fernsehen einen mit mehr als 17 Stunden täglich sehr hohen Anteil an 'fernsehpublizistischen, also im weitesten Sinne journalistischen Sendungen‘. Für RTL kommt die Studie auf nur sechs Stunden."
Unter "Sach- und Ratgeberthemen" fasse die Untersuchung offenbar sehr viele Sendungen und Beiträge, darunter auch aus Kultur und Gesellschaft. "Daraus abzuleiten, das Programm entwickle sich zum 'Ratgeber-TV‘, ist unzulässig und wird von den Verfassern der Studie auch gar nicht behauptet", so Holtmannspötter weiter. Ähnlich äußerte sich auch der NDR. Im Gegensatz zum Vorwort komme die Programmanalyse zu dem Schluss, dass die untersuchten Landesversionen in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen "vielseitig aufgestellte Fernsehvollprogramme" seien. Die Wissenschaftler führten ebenso wenig Daten zu der im Vorwort aufgestellten Behauptung einer Entwicklung der "Dritten zu Ratgebersendern, in deren Mittelpunkt Garten, Kochen und Tiere stehen" an.
Auch das in "kostensparende Programmverhalten" mit dem Einsatz von
Wiederholungen in den Dritten werde im Vorwort "zu einer Neuigkeit, fast zu einem Skandal stilisiert. In der Studie selbst wird dies ganz sachlich thematisiert", so der SWR in einer Mitteilung. Die Feststellung der Berliner Wissenschaftler über den Anteil journalistischer Formate am SWR Fernsehen von über 70 Prozent bedeute viel mehr, dass der Sender täglich fast 18 Stunden journalistische Sendungen zeige, während etwa RTL auf 26 Prozent komme. Warum anderslautende Behauptungen im Vorwort der Studie aufgestellt werden, bleibt somit das Geheimnis der Otto-Brenner-Stiftung.
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