Offiziell tritt Wolfgang Büchner seinen neuen Posten als "Spiegel"-Chefredakteur erst in wenigen Tagen an. Doch noch bevor er auf seinem neuen Chefsessel Platz nehmen wird, steht Büchner schon massiv in der Kritik. Wie das "Hamburger Abendblatt" berichtet, soll er nun bereits am Montag nach Hamburg kommen - wohl auch, um die Wogen zu glätten, die durch seine Ankündigung, den "Bild"-Mann Nikolaus Blome zum stellvertretenden Chefredakteur zu machen, vor einigen Tagen entstanden sind.
Geplant sind demnach Gespräche mit den Ressortleitern, aber auch mit einfachen Redakteuren. Angeblich soll Büchner inzwischen eingesehen haben, bei einer Konferenz in der vorigen Woche etwas zu barsch auf die Fragen der Mitarbeiter geantwortet zu haben. Er könne nicht verstehen, dass ein "Bild"-Mann auf einem so wichtigen Posten Irritationen auslöse, ließ Büchner dort verlauten. Auf die Frage, ob mit der Berufung des konservativen Blome ein Richtungswechsel verbunden sei, sagte Büchner, er verstehe die Frage nicht. Ein "Silo-Denken" mit "Bild" auf der einen und "Spiegel" auf der anderen Seite lehne er grundsätzlich ab.
Als "patzig", "brachial" und "unwirsch" sollen "Spiegel"-Redakteure seinen Auftritt beschrieben haben, schrieb die "Berliner Zeitung" in der vergangenen Woche. Ob Büchner durch die geplanten Gespräche tatsächlich wieder für Ruhe beim "Spiegel" sorgen kann, bleibt abzuwarten. Doch bei allen Diskussionen um Blome wird auch der Machtkampf hinter den Kulissen deutlich. Dort steht die Mitarbeiter KG, der 50,5 Prozent der Anteile am Spiegel-Verlag gehören, den Minderheitsgesellschaftern Gruner+Jahr und den Augstein-Erben gegenüber. Geschäftsführer Ove Saffe, dem ein schwieriges Verhältnis zur Mitarbeiter KG nachgesagt wird, konnte Blome also nur berufen, weil er sich der Unterstützung der Minderheitsgesellschafter sicher sein konnte.
Jakob Augstein soll laut einem "Welt"-Bericht bei Blomes Berufung zum neuen "Spiegel"-Vize zudem nicht ganz unbeteiligt gewesen sein. Er ließ dann auch bereits in der vergangenen Woche bei "Meedia" ausrichten: "Gute Leute bekommen immer Rückenwind." Dass seine Schwester Franziska nicht glücklich über die Personalie ist, dürfte dagegen kaum entscheidend sein, weil die Augsteins in der Gesellschafterversammlung von Jakob vertreten werden. Und der kennt Nikolaus Blome nur allzu gut: Beide sind seit geraumer Zeit bei Phoenix in einer Sendung zu sehen, die ihre Namen trägt.