Mit ihrem Vorschlag, die Hälfte der sechs öffentlich-rechtlichen Digitalsender einzusparen, haben die Intendantinnen und Intendanten der ARD zu Wochenbeginn für eine echte Überraschung gesorgt - und für viele Fragezeichen. Die Ablehnung des ZDF allerdings prompt und fiel eindeutig aus. Man habe die Vorschläge zur Kenntnis genommen, sehe aber keine Sparpotentiale, sondern lediglich kompliziertere Strukturen, hieß es aus Mainz. Insofern durfte man durchaus gespannt sein, was der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor auf der ARD-Pressekonferenz in Berlin sagen würde. Gesprochen hat er tatsächlich lang - rund 40 Minuten nahm er Stellung zu dem in den vergangenen Tagen viel diskutierten Vorschlag einer Zusammenlegung der Digitalsender von ARD und ZDF. Gesagt hat er letztlich allerdings nicht allzu viel.
"Gemeinsam sind wir stärker", brachte Marmor die Meinung der ARD-Intendanten auf den Punkt und erinnerte an den Kinderkanal und Phoenix, also Sender, bei denen ARD und ZDF schon seit Jahren mit Erfolg zusammenarbeiten. Es sei das Gebot der Stunde, die Kräfte zu bündeln, um die zunehmend schwer zu erreichenden jungen Zuschauer ansprechen zu können. Das sei auch eine Frage des Geldes. "Wir können nicht davon ausgehen, dass wir für zusätzliche Projekte zusätzliche Beiträge bekommen können", sagte Marmor mit Blick auf die nötigen Investitionen für junge Programme. Zugleich betonte er, kein fertiges Konzept zu haben, das man dem ZDF einfach überstülpen möchte. Den Vorschlag einer Zusammenlegung der Digitalsender habe er dem ZDF-Intendanten Thomas Bellut unmittelbar nach dem Beschluss der ARD-Intendanten mitgeteilt, erklärte Marmor.
Die Idee des ZDF, über eine andere Aufgabenverteilung nachzudenken, stößt wiederum bei der ARD auf wenig Anklang. Die Mainzer hatten am Montag angeregt, die ARD könnte die Zielgruppe der Jugendlichen mit einem Jugendkanal der ARD versorgen, während man selbst mit den Informations- und Unterhaltungsangeboten in ZDFneo und ZDFinfo stärker die 30- bis 50-Jährigen adressiert. "Man kann nicht sagen, die Jungen macht die ARD und das ZDF macht die Älteren", stellte Lutz Marmor in Berlin klar. Viel mehr sei die aktuelle Aufstellung allerdings Digitalsender "ein bisschen künstlich". Zudem betonte er, dass man sich keineswegs beim ZDF bedienen wolle. Auch gemeinsame Sender könnten die Chance bieten, Moderatoren und Formate für das jeweilige Hauptprogramm zu testen. Dennoch habe es etwa bei ZDFkultur "hervorragende Ideen für einen Jugendkanal" gegeben.
Letztlich gehe es ohnehin nicht um massenattraktive Programme. "Auch beim jungen Publikum gibt es Zuschauer mit Anspruch", erklärte Lutz Marmor. Genau diese Zuschauer will man im Falle einer Zusammenlegung erreichen. Wie genau das aussehen könnte, ließen die Intendanten offen. Das soll in Gesprächen mit dem ZDF erarbeitet werden. Nur unklar, ob das ZDF an solchen Gesprächen derzeit überhaupt ernsthaft interessiert ist. Bei dem Vorschlag sei es aber ohnehin vor allem gegangen, einen neuen Impuls in die Diskussion zu geben, so Marmor, der sich aber auch realistisch gab. "Wir können das ZDF nicht zwingen." Vorschläge hätten es so an sich, dass sie möglicherweise nie komplett realisiert werden. Und doch würden die ARD-Verantwortlichen ungern vier Jahre warten, um ein mögliches gemeinsames Angebot für junge Zuschauer auf die Beine zu stellen.
"Das so weit zu verschieben, finde ich schwierig", sagte der ARD-Vorsitzende auf der Pressekonferenz. Man wolle eine Zusammenlegung "so schnell wie möglich, aber so gründlich wie notwendig" umsetzen. Dafür müsste aber freilich erst noch das ZDF mitspielen. Doch bei allen Diskussionen über eine Zusammenlegung der öffentlich-rechtlichen Digitalsender, werden die Hauptprogramme häufig vergessen. Dabei habe man auch etwa für Das Erste jüngere Zuschauer im Blick. Marmor erklärte, dass es ein Ziel sei, "die Formate im Ersten behutsam zu verjüngen". Das dürfte nicht zuletzt die Aufgabe von Programmdirektor Volker Herres sein. Der kam nach der kaum enden wollenden Frage-und-Antwort-Runde rund um den Digitalsender-Vorschlag dann übrigens auch noch zu Wort und sprach sehr launig über die Notwendigkeit einer Verjüngung des Ersten. "Ich will ja nicht irgendwann Senioren-Beauftragter der ARD werden."