Kurz vor Weihnachten wurde der damalige Kika-Programmgeschäftsführer Steffen Kottkamp zunächst beurlaubt, schließlich im März komplett gefeuert. In einem Brief an die Intendanten von ARD und ZDF, der binnen kürzester Zeit an die Presse weitergegeben worden war, übte Kottkamp bereits scharfe Kritik am MDR, der in der ARD federführend für den Kika zuständig ist. Nun meldete er sich in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" erneut ausführlich zu Wort und erhebt explizit auch gegen die heutige MDR-Intendantin Karola Wille Anschuldigungen.
Kottkamp betonte erneut, dass er sich als "Bauernopfer" sieht. Seine Kündigung beruhe auf internen Ermittlungen des MDR. Kottkamp: "Wenn ich mich frage, wer den MDR-Ermittler bezahlt, dann bedeutet das doch: Da macht sich der Bock zum Gärtner. Für mich stellt es sich so dar, dass die Verantwortlichen beim MDR von eigenem Fehlverhalten ablenken wollen." Ein erster interner Untersuchungsbericht aus dem November 2011 habe schließlich dem MDR-Kontrollwesen ein desaströses Zeugnis ausgestellt. Kottkamp: "In diesem Bericht komme ich nicht vor, wohl aber kommen sämtliche Abläufe des Vertragswesens vor, das von der damaligen juristischen Direktorin und heutigen Intendantin Karola Wille verantwortet wurde."
Er wirft dem MDR vor, dass in seinem Falle die Unschuldsvermutung nicht gelten und er kriminalisiert würde. Von illegalen Geldtransfers habe er nichts gewusst, der Vorwurf, die Einrichtung schwarzer Kassen in Auftrag gegeben zu haben, sei "völlig abwegig". Den Vorwurf, er habe den damaligen Herstellungsleiter nicht ausreichend überwacht, weist er ebenfalls zurück. Dieser hätte demnach von den Kontrollinstanzen des MDR überwacht werden müssen. Der MDR habe den Herstellungsleiter mit den Sonderkompetenzen ausgestattet, die den großen Betrugsfall erst ermöglicht hätten. "Mir hat man wiederholt mitgeteilt, ich solle ihn in Ruhe lassen. Er sei das beste Pferd im Stall."
Auch in weiteren Passagen des Interviews greift er die heutige MDR-Intendantin Wille frontal an. Die Spannungen zwischen dem MDR und ihm führt er auf ein Gespräch mit Wille nach deren Amtsantritt zurück. "Die Intendantin erwartete offenbar eine Loyalitätserklärung zugunsten des MDR." Konkret habe er sich damals aber geweigert, die MDR-Produktion "Schloss Einstein" auch mit Mitteln des Kika zu finanzieren. Der MDR habe ihn dieser Frage "erheblichen Druck" auf ihn ausgeübt. Kottkamp: "Ich habe bewusst anders entschieden, als es der MDR von mir verlangte. Plötzlich gab es Spannungen." Auch im Fall der Controlling-Stelle, die zwar vom Kika bezahlt wurde, aber für die MDR-Fernsehdirektion gearbeitet habe, sieht er persönliche Mitverantwortung bei Wille: "Karola Wille war bis Ende 2011 als juristische Direktorin für die Personalplanung des MDR verantwortlich. Auch sie musste es wissen", so Kottkamp.
Sein Fazit: Der MDR sei eher bereit, einen extern Dazugekommenen - also ihn - zu kriminalisieren, als etwas an den eigenen Strukturen zu verändern. Daher plädiere er dafür, dem MDR die Verantwortung für den Kika zu entziehen. "Meiner Ansicht nach kann sich die Lage beim Kika nur beruhigen, wenn der Kinderkanal aus der Federführung des MDR genommen wird. Was muss noch passieren, bevor Intendanten und Gremien nachfragen, was der MDR mit dem Kika macht, und wie mit dem Geld der Gebührenzahler in diesem Fall umgegangen wird?"