Im Gespräch über die Themen des Jahres in der DWDL-Sendung „Studio D“ reflektierte Moderator und Comedian Oliver Pocher die Entwicklung des deutschen Fernsehens im Jahr 2012. Und sorgt sich dabei aufgrund so mancher Entwicklung wie z.B. dem Trend zu Scipted Reality. Ein Ende sei da nicht in Sicht. „Es gibt immer genug Leute die es toll finden vor einer Kamera zu stehen für wenig bis gar kein Geld, deren Talent überschaubar ist. Und da es so viele Sender gibt und allein nächstes Jahr gefühlt 16 neue Spartensender auf den Markt kommen, müssen auch die irgendwie Programm machen“, so Pocher. Kritisch werde die Popularität der Scripted Reality-Formate wie „Berlin - Tag & Nacht“ auch für die klassischen Dailysoaps. Über den Kostendruck, durch den ein günstig zu produzierendes Genre wie Scripted Reality erst so populär werden konnte, sagt er: „Man kann immer an der Kostenschraube drehen. Immer irgendwo irgendetwas einsparen. Aber wir sind jetzt an einer Grenze angekommen. So langsam sind wir in dem Bereich, in dem man hier und da mal mehr investieren sollte und nicht weniger.“
Das rät er beispielsweise auch seinem ehemaligen Arbeitgeber Sat.1, der kein gutes Jahr erwischt hat. „Ich sehe das Scheitern als Chance, einfach Sachen auszuprobieren“, sagt Pocher. „Ich halte da große Stücke auf Holger Andersen, der jetzt sicher nicht der Heilsbringer ist, aber dem man genauso wie bei RTL II einfach Zeit geben muss. Es wird auch im nächsten einige Riesenflops bei Sat.1 geben. Aber vielleicht kommen unter den zehn neuen Formaten dann auch mal zwei bei raus. Die würden so einen ganzen Sender ja schon mal wieder auf links drehen.“ Doch Mut zu Investitionen sieht Pocher allgemein nicht. „Das ist das Rumgeeiere das in der Branche wirklich allen auf den Sack geht: Keiner traut sich mehr Entscheidungen zu treffen, alle wollen sich absichern und niemand möchte irgendetwas machen, das vielleicht nicht funktionieren könnte. Da wäre ich deutlich risikobereiter, aber leider gehört mir ja kein Sender.“
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Auch von den Öffentlich-Rechtlichen komme nicht viel. Pocher im „Studio D“: „Das Schlimme ist ja, dass man erstmal gut ein Drittel für Pensionen braucht. Das ganze System müsste mal auf links gedreht werden, weil so wenig Geld wirklich ins Programm fließt.“ Und er setzt mit scharfer Kritik am undurchsichtigen System der ARD nach. Er mache zwar niemandem einen Vorwurf, weil „wenn man so in dem System drin ist, kann man ja nur etwas werden, wenn man sich da durchgekämpft und gebuckelt hat.“ Doch auch aus seiner Erfahrung mit der ARD sagt Pocher: „Jeder sucht seine Seilschaften. Das ist ja wie in einer Partei - und das System erinnert eher an eine chinesische Partei als an eine freie Partei.“ Bei dem Theater um „Gottschalk live“ habe sich in diesem Jahr „niemand mit Ruhm bekleckert“. Auch nicht Thomas Gottschalk. Man habe ihm die Vorabendsendung nicht abgenommen und seine Rolle beim „Supertalent“ jetzt auch nicht. Oliver Pocher: „Und egal was als Nächstes kommt, hab ich das Gefühl, nehme ich ihm auch nicht mehr ab. Das ist ein Problem der Glaubwürdigkeit.“
Dabei sei Gottschalk immer noch beste Unterhaltung. Über den Besuch Gottschalks in Markus Lanz‘ Talkshow im ZDF sagt Pocher: „Wenn Gottschalk über sich selber reden kann und genügend Zeit hat, ist das höchst unterhaltsam. Er hätte einfach beim ZDF bleiben und eine wöchentliche Talkshow machen sollen, die sich um seinen Kosmos dreht. Noch ein paar Galas und gut ist.“ Die Häme über das Scheitern Gottschalks hat ihn jedoch nicht gewundert. „Grundsätzlich findet es jeder in der Medienbranche geiler, wenn etwas abkackt. Niemand gönnt dem Anderen in irgendeiner Art und Weise Erfolg - nur so lange bis es erfolgreich ist.“ So würden derzeit Jan Böhmermann und Joko & Klaas zwar gefeiert. „Aber schauen wir mal, wie sich das entwickelt“, ergänzt Pocher, der jedoch kein großer Fan des zu ProSieben wechselnden Moderationsduos ist. „Joko und Klaas sind wirklich okay, aber ich sehe auch sehr wenig, was ich nicht von mir, von Elton, von Stefan oder von irgendjemand anderem schon gesehen hab“, stichelt er. Auch mit den Quoten könnten die beiden bei ProSieben Probleme bekommen, so Pocher, denn ihre jetzige Sendung „neoParadise“ sei „in der Masse einfach nicht angekommen. Da lügt die Quotenmessung nicht.“
Anfang Januar startet seine neue RTL-Show „Alle auf den Kleinen“. Dem Kölner Sender attestiert er eine herausfordernde Zukunft. „Es wird schwieriger werden die Marktanteile zu erreichen, die früher mal möglich waren. Das sieht jetzt gerade ganz extrem RTL“, so Pocher im „Studio D“-Gespräch. Über das manchmal als wenig innovativ kritisierte Programm sagt er: „Ich weiß bei RTL halt was mich erwartet - das ist Segen und Fluch. Vor einem Jahr haben alle RTL dafür gelobt, dass sie verlässlich die bekannten Programme zu bekannten Uhrzeiten bringen und heute heißt es: Das kann ja auch nicht funktionieren. Immer nur dasselbe.“