Dass die Hauptnachrichtensendungen von ARD und ZDF inzwischen längst nicht mehr so viele Zuschauer erreichen wie noch vor einigen Jahren, ist gewiss keine neue Erkenntnis. Und doch sind die Zahlen, die Media Control am Montag veröffentlicht hat, durchaus interessant. Sie zeigen nämlich, dass die Nachrichten-Flaggschiffe in den ersten drei Quartalen dieses Jahres - nach drei eigentlich für alle Nachrichtensendungen recht starken Jahren - im Vergleich mit den jeweiligen Vorjahreszeiträumen deutlich an Zuschauern und Marktanteilen eingebüßt haben - das gilt allerdings nicht nur für die Öffentlich-Rechtlichen, sondern auch für RTL und Sat.1.
Besonders hart trifft es allerdings "Tagesschau" und "heute": Beide Sendungen erreichen momentan neue Tiefstwerte - nie wurden in den vergangenen 20 Jahren niedrigere Werte erzielt. So brachte es die "Tagesschau" im Ersten in den ersten neun Monaten 2012 im Schnitt auf rund 4,92 Millionen Zuschauer - hinzu kommen freilich noch die Zuschauer, die die Nachrichtensendung allabendlich in den Dritten verfolgen. Doch betrachtet man allein die Ausstrahlung im Ersten, so fiel die "Tagesschau" erstmals unter die Marke von fünf Millionen Zuschauern. Der Marktanteil lag bei 18,0 Prozent.
Vor zehn Jahren erreichte die 20 Uhr-"Tagesschau" im Ersten dagegen noch 5,98 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 21,8 Prozent, 1992 waren es sogar 8,33 Millionen Zuschauer und mehr als 33 Prozent. Einen besonders deutlichen Knacks gab es in diesem bislang weitgehend nachrichtenarmen bzw. weniger spektakulären Nachrichtenjahr. 2011 bescherte die Atom-Katastrophe um Fukushima, der Streit um Stuttgart 21 und die Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg den Nachrichtenmedien weit mehr Nutzer.
Einen dramatischen Rückgang der Zuschauerzahlen mussten auch die "heute"-Nachrichten im ZDF hinnehmen. Innerhalb der vergangenen zwanzig Jahren hat sich deren Reichweite mehr als halbiert. Von den 6,99 Millionen Zuschauern, die 1992 im Schnitt zusahen, ging es im Jahr 2002 auf etwa fünf Millionen Zuschauer nach unten - aktuell kommt die Sendung auf nur noch 3,23 Millionen Zuschauer. Der Marktanteil ging seither von mehr als 35 Prozent auf 15,0 Prozent zurück - eine wirkliche Lösung für den Zuschauerschwung haben die Verantwortlichen des ZDF noch immer nicht gefunden. Erklärräume oder gute Nachrichten am Ende verpufften bislang ganz offensichtlich.
Zuschauer-Trend: "Tagesschau" und "heute" im Vergleich
Zuschauerzahlen (ab 3 Jahre, in Mio.)
Daten-Quelle: Media Control
RTL liegt auch 2012 nach vor wie vor deutlich vor den Mainzer Kollegen, doch in Köln wird man die derzeitige Entwicklung dennoch sehr aufmerksam betrachten. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres brachte es "RTL aktuell" im Schnitt auf 3,48 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 17,2 Prozent. Man muss schon sechs Jahre zurückgehen, um schwächere Werte zu finden. Bei den 14- bis 49-Jährigen büßte die Sendung mit Peter Kloeppel im Vergleich zum vergangenen Jahr gut eineinhalb Prozentpunkte ein. Die "Sat.1 Nachrichten" spielen mit 1,79 Millionen Zuschauern indes nur eine Nebenrolle. Dort sorgt nicht zuletzt der schlecht laufende Vorabend derzeit dafür, dass die schlechtesten Zahlen seit 2009 eingefahren werden.
Generell gilt natürlich: Die Nachrichten im Fernsehen sind wie alle Nachrichtenmedien abhängig von der Themenlage, müssen sich aber zusätzlichen einem sich verändernden Informationsverhalten des Publikums anpassen. Wenn Nachrichten zu jeder Zeit überall abrufbar sind, wird es für die zu festen Uhrzeiten laufenden Fernsehnachrichten keineswegs leichter. In Zukunft wird es deshalb stärker denn je auf den Mehrwert ankommen. Die Ideallösung wurde, so scheint es, bislang allerdings noch nicht gefunden.