Darf ein Fernsehsender trotz gültiger Lizenz die Medienanstalt wechseln? Bei der rheinland-pfälzischen Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) sieht man das nicht so - verständlicherweise, schließlich hat man mit Sat.1 gerade erst seinen größten Sender an die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) verloren. Nun hat die LMK beim Verwaltungsgericht Schleswig Klage gegen die Neuerteilung einer Erlaubnis für Sat.1 eingereicht. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) hatte die Erlaubnis Ende Juni beschlossen.
Die LMK vertritt die Auffassung, dass ein Programmveranstalter bei laufender Lizenz und unverändertem Programm nicht beliebig die ihn beaufsichtigende Landesmedienanstalt wechseln kann. Die Tatsache, dass für diesen Vorgang bei Sat.1 formal die juristische Person der Erlaubnisinhaberin – von Tochtergesellschaft zu Muttergesellschaft – ausgetauscht wird, ändere daran nichts, heißt es von Seiten der LMK. "Dieser Rechtsstreit soll die Einheit der Landesmedienanstalten wiederherstellen und stärken", erklärte LMK-Direktorin Renate Pepper, die damit indirekt zugibt, dass die verschiedenen Medienanstalten derzeit alles sind, nur nicht einig.
Weiter sagte Pepper: "Ein solches Vorgehen eines Senders muss erfolglos bleiben. Hier steht die medienpolitisch gewollte Einheitlichkeit der Aufsicht über privaten Rundfunk in ihrer Grundsätzlichkeit auf dem Prüfstand." Dem Wechsel der Medienanstalt war ein langjähriger Streit zwischen LMK und Sat.1 über die Vergabe der Drittsendelizenzen vorausgegangen. Seit vielen Jahren hatte man sich bei Sat.1 geärgert, dass die bislang zuständige rheinland-pfälzische Landesmedienanstalt die ohnehin ungebliebten Drittsendelizenzen immer wieder an Alexander Kluges dctp und News & Pictures vergeben hat.
Auch Josef Buchheit, Geschäftsführer von News & Pictures, hatte kürzlich angekündigt, Klage gegen die Entscheidung einreichen zu wollen. Im Interview mit dem Medienmagazin DWDL.de hatte er betont, dass die neue Lizenz von Sat.1 im Falle einer Klage gegen die Lizenzerteilung "erstmal nicht bestandskräftig" sei. Zugleich kritisierte er Sat.1 noch einmal für den Wechsel der Medienanstalt: "Aber sind wir doch mal ehrlich: Letztlich geht es Sat.1 um nichts anderes als um Kostensenkungen bei den Fensterprogrammen."
Die Drittsendezeit ist bei den Veranstaltern beliebt, können sie doch frei von Quotendruck ihre Sendungen im Programm unterbringen - weil so manches Format jedoch nur wenige Zuschauer erreicht, ist die Regelung bei den Sendern recht unpopulär. Derzeit sind RTL und Sat.1 zur Ausstrahlung solcher Drittsendezeiten verpflichtet, weil sie als marktstärkste Programme des privaten Fernsehens einen hohen meinungsbildenden Einfluss haben. Doch der Streit um die Sat.1-Lizenz wirft vor allem eine Frage auf: Wie ernst kann man die Medienanstalten angesichts der anhaltenden internen Diskussionen überhaupt noch nehmen?