Viel zu selten hört man von deutschen Verlagen Zuversicht und eine schlüssige Perspektive für die Zukunft. Umso erfrischender wirkt an diesem Mittwoch ein "FAZ"-Interview mit WAZ-Geschäftsführer Manfred Braun, der seinem Haus eine neue Marschroute vorgibt und dabei deutliche Kritik am Kurs von Vorgänger Bodo Hombach übt. Der hatte besonders im Lokalen Stellen abgebaut. "Das hätte man auch anders machen können", so Braun. Gleichzeitig zum Abbau im Lokalen prahlte die "WAZ" als größte der vier Tageszeitungen des Verlages in NRW auf dem Titel mit "Deutschlands größte Regionalzeitung". Unter Braun nennt sich die WAZ seit Ende Juli "Die Zeitung des Ruhrgebiets" und verankert sich damit klar bei denen, die man erreichen will: Den Lesern vor Ort.

Und so klingt es nur logisch und zur Abwechslung überzeugend, wenn Braun im "FAZ"-Interview erklärt: "Mir geht es nicht darum, Kosten zu sparen. Ich will mit aller Kraft versuchen, der lokalen Tageszeitung wieder mehr Leben einzuhauchen." So sollen in den Lokalredaktionen neue Stellen geschaffen werden - meist sind es Umbesetzungen aus überregionalen Ressorts - um zu betonen, was Regionalzeitungen einzigartig macht: Ihre Kenntnis und ihren Zugriff auf lokale und regionale Themen. Das Medienhaus hat dafür das Verbreitungsgebiet untersucht und in 91 einzelne Zellen mit eigener Lokalredaktion eingeteilt. In den Umbau investiert die WAZ-Gruppe eine niedrige siebenstellige Summe, unter anderem in Schulungen für die Journalisten.

Braun: "Wenn das funktioniert, bedeutet es für alle Zeitungen: Wir gehen nicht unter, wir können es gemeinsam schaffen." Mit alle Zeitungen sind neben der "WAZ" die "Neue Ruhr / Neue Rhein Zeitung", "Westfälische Rundschau" und "Westfalenpost" gemeint. Zusammen kommen sie auf eine verkaufte Auflage von 732.473 Exemplaren und steuern mehr als die Hälfte zum Konzernumsatz von 1,1 Milliarden Euro bei. Aber das Geschäft im Westen lief eben schon mal besser. Doch über das Internet jammern will Braun nicht. Im Gegenteil: Er sieht die Fehler bei den Verlagen. "Das Internet zerstört nicht die Tageszeitung, sondern die Zeitung ist zu vorsichtig, sich der Zeit anzupassen", sagte der WAZ-Geschäftsführer der "FAZ".

Statt in der Berichterstattung nationaler und internationaler Verlockung zu erliegen und bei diesen Themen nur eine von vielen Stimmen zu sein, überzeugt Brauns Lokal-Offensive mit der Rückkehr zu dem, was die Regional- oder Lokalzeitung ursprünglich war und wo sich noch heute der Wettbewerb auch trotz Internet in Grenzen hält. "Wenn ich mit diesem Programm den Auflagenrückgang stoppen kann, habe ich erstmalig nicht mit Einsparwellen, sondern mit Investitionen in die Qualität und am Produkt einen Trend beeinflusst", ist sich Manfred Braun sicher. Man möchte ihm dabei viel Erfolg wünschen.