Jahresbilanz: SAT.1-Chef Schwawinski weitgehend zufrieden
Vor etwas mehr als einem Jahr, am 4. Dezember 2003, entließ SAT.1 seinen damaligen Geschäftsführer Martin Hoffmann und ersetzte ihn durch Dr. Roger Schawinski. Nur 4 Tage später folgte der "Super-GAU". Am 8. Dezember ließ der Sender in einer kurzen Pressemitteilung verlauten, dass die Harald Schmidt Show Ende des Jahres eingestellt werde und Harald Schmidt seine inzwischen berühmte "kreative Pause" einlegen werde.
Damit war das Image des Roger Schawinski besiegelt. War ihm bereits vorher nicht viel Sympathie entgegengeschwappt, galt er nun vielen fast als Reinkarnation des Bösen. Jeder Flop, von denen es freilich genug gab, bestätigte die Kritiker nur in ihrer Meinung, Schawinski richte den Sender nach und nach zu Grunde.
Nach seinem ersten Jahr im Amt gab Roger Schawinski nun dem "Tagesspiegel" ein Interview. Sein Fazit fällt überwiegend positiv aus, auch wenn er einige Enttäuschungen einräumt. So zum Beispiel den Misserfolg von "Anke Late Night"
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Schawinski zum Scheitern der Show: "Darüber bin ich wirklich traurig." Kritik daran, der Show nicht genügend Zeit gegeben zu haben, weist er zurück, da es einen Punkt gegeben habe, an dem "allen Beteiligten klar war, dass sich die Sendung nicht weiter entwickelt". Die Gründe für das Scheitern sieht er in der "riesigen Konkurrenz", die heute herrsche.
Und auch mit Kritik an den Kritikern spart Schawinski nicht: "Wenn Sie dann auch noch in einer überregional erscheinenden Zeitung lesen müssen, dass man sich von einer Frau so spät am Abend nicht die Welt erklären lassen wolle, dann ist ein Niveau der Kritik erreicht, das nicht mehr unterschritten werden kann".
"Selektive Wahrnehmung" - das Negativ-Image des Roger Schawinski
Auf sein Negativ-Image angesprochen und dass er vor allen Dingen mit Flops wie "Kämpf um deine Frau" oder "Anke Late Night" oder auch den kürzlich bekanntgewordenen Unstimmigkeiten mit Ottfried Fischer" in Zusammenhang gebracht werde, entgegnete er, dies sei eine "äußerst selektive Wahrnehmung".
Schließlich sei das vergangene dreiviertel Jahr "das wirtschaftlich erfolgreichste in der Geschichte von SAT.1". Weiter gab er zu bedenken, dass SAT.1 im September und im Oktober die besten Marktanteile seit vier Jahren verzeichnen konnte. Auch die Zahl der gefloppten Neustarts sei nicht höher als bei anderen Sendern.
Absage an Realityshows: "Unsere Zuschauer verlangen Qualität"
Von Reality-Shows á la "Kämpf um deine Frau", was zwischenzeitlich mit Marktanteilen von nur 4 Prozent zu kämpfen hatte, hat Schawinski erst einmal genug. Er sei der Meinung, dass ein tägliches Realityformat nicht zu SAT.1 passe.
In diesem Zusammenhang konnte er sich auch einen Seitenhieb auf den Konkurrenten RTL nicht verkneifen: "Ich glaube, dass unsere Zuschauer Qualität von uns verlangen." und "Bei uns werden nun einmal keine Känguruhoden verspeist, niemals."
Positiv hob Schawinski zudem die einer Generalüberholung unterzogenen SAT.1 News hervor, die nun als seriöser wahrgenommen würden. "Zur Kernkompetenz eines Senders, privat oder nicht, gehört die Information", stellte er den Stellenwert der Informationssendungen im SAT.1-Programm heraus.
Als größtes Problem sieht Roger Schawinski den Sonntagabend an, an dem es schwer sei, gegen Blockbuster und "Tatort" anzukommen. Als möglichen Ausweg stellte er eine "große Fernsehshow" in Aussicht, was allerdings keine leichte Aufgabe werde.
Die Stimmung ist gut, aber: "Das Jahr hat Kraft gekostet"
Trotz der häufig und heftig geäußerten Kritik und der Flops sei die Stimmung bei SAT.1 sehr gut. Schawinski selbst, sei in seinem ersten Jahr jedoch "ein bisschen vorsichtiger geworden" und nicht mehr so euphorisch wie zu Beginn. Er habe "lernen müssen, dass nicht alles, wovon man sich Erfolg erhofft, auch tatsächlich funktioniert".
Schawinski weiter: "Wer viele Dinge ausprobiert, muss damit rechnen, dass auch etwas daneben gehen kann." Ganz spurlos ist das vergangene jahr jedoch auch an dem Schweizer nicht vorbeigegangen: "In einigen Fällen war die öffentliche Kritik heftig. Das durchzustehen, hat schon ein bisschen Kraft gekostet."