Jochen Schropp© Stephan Pick

Und diese Bilanz fällt positiv aus. So positiv, dass sie sogar über die Landesgrenzen wahrgenommen wird. Etwa, drüben auf der Insel, wo das Format längst die anderen Castingformate überholt hat. "Man nimmt in England interessiert zur Kenntnis, was wir geleistet haben", erzählt Produzentin Ute Biernat. Ob das heiße, dass sie rundum glücklich sei? Mit einem Schmunzeln verneint sie. "Es gibt immer etwas, was man noch besser machen kann - hinter, vor und neben der Kamera." Beim Studio etwa, da könnte man nochmal Hand anlegen, so ihr Urteil.

Mit dem was vor der Kamera passierte ist Biernat aber sehr zufrieden. Etwa mit Moderator Jochen Schropp (Foto), der mit einer Leichtigkeit vom Schauspielfach zur Moderation gewechselt ist, die gestandenen Kollegen Respekt abverlangt.   "'X Factor' ist meine Aufnahmeprüfung", sagte Schropp vor dem Start über seinen ersten Moderationsjob in der Mediengruppe RTL Deutschland. Man kann wohl sagen: Prüfung bestanden. Wohldosiert zwischen vornehmer Zurückhaltung und ehrlichen Emotionen spielt Schropp genau die Rolle, die für ihn vorgesehen ist und nimmt sich lieber einmal mehr zurück als vorzupreschen.

X-Factor© VOX/Bernd-Michael Maurer/KH

Diese Tonalität vermittelte auch die Jury. Es braucht eben keinen Bohlen. Es geht auch charmanter, inhaltlicher und trotzdem kontrovers - mit Sarah Connor, Till Brönner und George Glück. Denn während bei "Deutschland sucht den Superstar" und "Supertalent" nur einer auf den Putz haut und die Jurykollegen in der Regel dem Machtwort Bohlens folgen, so ergibt sich schon aus dem Konzept von "X Factor" eine deutlich kritischere Jury. Hier wurden nicht nur die Kandidaten, sondern hin und wieder sogar die Mentoren in die Mangel genommen für falsche Beratung oder Songauswahl.

Angenehme Unterhaltung war "X Factor" auch deshalb, weil es wie schon "Unser Star für Oslo" nie Zweifel daran ließ, dass es hier um einen musikalischen Wettbewerb geht. Während RTL aus "Deutschland sucht den Superstar" und "Supertalent" längst Dokusoaps gemacht hat, ist "X Factor" eine klassische Unterhaltungsshow mit ernstzunehmenden Wettbewerbscharakter. Auf private Storys der Kandidaten wurde weitestgehend verzichtet. Damit war die Sendung zwar auch nie so prominent auf der Titelseite mancher Boulevardzeitung, doch es zeigte sich am Ende ja: Es ging auch ohne.

Denn auch wenn man bei VOX hinter vorgehaltener Hand immer noch etwas traurig ist, dass sich die Quote nicht so spektakulär entwickelte, wie nach den ersten Folgen erhofft, so ist VOX die Neuerfindung des Castingshow-Genres gelungen. So urteilte DWDL.de bereits nach den ersten Sendungen und so sah es auch die Jury des Deutschen Fernsehpreises, die die VOX-Sendung kurzerhand als beste Unterhaltungssendung nominierte. Und auch wenn in Köln dann "Unser Star für Oslo" den Fernsehpreis gewann: Anders als bei "USFO" gibt es für "X Factor" eine Zukunft. Man darf sich darauf freuen.