Qualität im Fernsehen hieß das Oberthema der TV-Runde zum Auftakt des Medienforum.NRW, das die klassische Elefantenrunde abgeschafft hat und erstmals auf drei thematisch getrennte Diskussionen setzte. Und die spannendste Frage klärte dabei Teamworx-Chef Nico Hofmann: Wer schaut eigentlich die gerade aus qualitativer Sicht so häufig kritisierten "Scripted Reality"-Formate am RTL-Nachmittag? Die überraschende Antwort: Manchmal sogar er selbst.
Und damit nicht genug: Der von ZDF-Intendant Schächter als "qualitätsversessen" charakterisierte Hofmann erklärte dem staunenden Publikum im Saal auch noch, wenn er Formate wie "Familien im Brennpunkt" so ansehe, müsse er vor den Produktionsfirmen, seinen Hut ziehen. Sie seien top produziert und handwerklich hervorragend gemacht. Allgemein attestierte Hofmann den Fernsehproduktionen einen in den letzten Jahren handwerklich deutlich gestiegenen Standard.
Es war willkommene Schützenhilfe von durchaus überraschender Seite für RTL-Chefin Anke Schäferkordt - wie sich überhaupt das ganze Panel diesmal recht einig war. Qualitatives Fernsehen wollten auch die öffentlich-rechtlichen Vertreter Markus Schächter und die stellvertretende WDR-Intendantin Eva-Maria Michel den Privaten nicht absprechen. Die finde sich schließlich nicht allein in hochtrabenden Kultur-Übertragungen und tiefgängigen Dokumentationen. Qualität gebe es in unterhaltsamen Shows ebenso wie in leichter Fiction. Dass Öffentlich-Rechtliche und Private da nicht grundsätzlich unterschiedlicher Ansicht seien zeige ja auch der gemeinsam verliehene "Fernsehpreis". Dort kloppe man sich zwar jedes Jahr "wie die Bürstenbinder", könne sich aber letztlich immer auf gemeinsame Qualitätsmaßstäbe einigen, so der ZDF-Intendant.
Einig war man sich auch bei zwei weiteren Feststellungen: Qualität hängt nicht vom Geld alleine ab - nicht nur bei den Privaten, sondern auch bei den Öffentlich-Rechtlichen, die in diesen Tagen ebenfalls Sparpakete verabschieden, verweist man darauf, dass ein geringeres Budget vielmehr sogar kreative Ideen freisetze. Und: Qualität und Quote schließen sich nicht aus. Diese Diskussion führe man ohnehin seltsamerweise nur beim Fernsehen. Wenn der "Spiegel" sich gut verkaufe, sage ja auch niemand, diesmal muss es wieder eine ganz besonders schlechte Ausgabe gewesen sein, fasste es Anke Schäferkordt zusammen. Und mehr noch: Eine Sendung so zu gestalten, dass sie die Zuschauer anspricht und dadurch relevant ist, gehöre nicht zuletzt ja auch zu einer qualitativ hochwertigen Arbeit.
Wie Schäferkordt angesichts der nicht allzu kontroversen Diskussion sich ohnehin durch die knackigsten Statements an diesem Montagvormittag auszeichnete. Das maue Gegenprogramm bei Spielen der deutschen Nationalelf verteidigte sie mit dem Verweis auf die Dominanz des Fußballs - und die lediglich verbleibenden 12 Prozent Marktanteil für alle anderen Sender zusammen. Da sei es ja fast schon eine "valide Alternative, das Testbild nochmal feinzujustieren", so die RTL-Chefin. Und den Einwand von Moderatorin Leo Busch, man könne zu der Zeit ja auch eine Oper übertragen, konterte sie lapidar mit der Feststellung, das würde zu einem ähnlichen Resultat wie das Testbild führen - nur dass man sich beim letzteren bei der Farb-Justierung etwas einfacher tue.
In den Abgesang auf die Qualität im Fernsehen wollte angesichts der Tatsache, dass auch ausschließlich Teilnehmer aus dem Fernseh-Business und mit Ausnahme von Nico Hofmann auch noch überwiegend von Senderseite, wenig überraschend also niemand einstimmen. Und er wäre vermutlich auch falsch, wie der scheidende LfM-Direktor Norbert Schneider in seiner Abschiedsrede mit Blick auf die "Früher war alles besser"-Fraktion ausführte: "Könnten solche Kurzsichtigen fernsehen, dann wüssten sie, dass das Fernsehen nicht besser oder schlechter ist als früher. Es gibt nur mehr davon. Mehr Schlechtes, aber auch mehr Rechtes. Wer Fernsehbilder nur vom Hörensagen kennt, weiß davon nichts."