Auch wenn inzwischen schon wieder ein wenig Ernüchterung eingekehrt zu sein scheint: Kurze Zeit schien die Verlagsbranche kollektiv in Steve Jobs den Messias ausgemacht zu haben, der ihr angeschlagenes Geschäftsmodell im Alleingang retten kann. iPhone-Apps sollten endlich die lang gehegten Paid Content-Träume zur Wirklichkeit werden lassen, das iPad ließ die Macher dann kurzzeitig erst richtig in Ekstase fallen.
Völlig neue, multimediale Möglichkeiten würden sich dadurch erschließen, die dann auch rechtfertigen sollen, warum die Leser für das, was sie im Web bislang kostenlos bekamen, künftig Geld berappen sollen - so sah und las man es in ersten Präsentationen, die geschickt unter den Tisch fallen ließen, dass all diese multimedialen Angebote auch bislang im Web schon möglich gewesen wären, wenn man sie denn nur hätte umsetzen wollen. Nun schickt Springer seine "Welt"-Gruppe mit einer ersten App für das iPad vor - und sie hätte auf dem gerade von Seiten der Presse geradezu als magisch hochgejubelten Gerät kaum weniger magisch ausfallen können.
Letztlich bietet die "Kiosk-App" der Welt-Gruppe nämlich kaum mehr Funktionen als ein herkömmlicher PDF-Reader mit etwas aufgebohrter Navigation. Über diese Kiosk-App lassen sich schlicht die Print-Ausgaben von "Welt", "Welt kompakt" und "Welt am Sonntag" herunterladen und lesen. Nach einer 30-tägigen Testphase muss dafür wie im althergebrachten Print-Geschäft auch ein Abonnement abgeschlossen werden. Für "Die Welt" fallen 29,99 Euro pro Monat an, "Welt kompakt" ist für 12,99 Euro erhältlich, die "WamS" gibt's für 7,99 Euro - das ist immerhin etwas billiger als bei den gedruckten Ausgaben.
"Wir haben uns bewusst dafür entschieden, zum Marktstart unsere starken Zeitungsmarken als digitale Ausgaben auf dem iPad anzubieten. Bereits bei der iPhone-App der 'Welt' hat sich gezeigt, dass die PDF-Funktionalität ein sehr stark genutztes Angebot ist", erklärt Jan Bayer, Verlagsgeschäftsführer der "Welt"-Gruppe die Strategie. Dieser erste Schnellschuss, der bereits ab dem 3. April verfügbar sein wird, soll aber immerhin nur ein Anfang sein. "Gleichzeitig arbeiten wir an weiteren innovativen Produkten, die sowohl zum Qualitätsanspruch der 'Welt'-Gruppe passen als auch die besonderen multimedialen Möglichkeiten des iPad aufgreifen", so Jan Bayer weiter.