Als im vergangenen Jahr der Umzug von Sat.1 aus Berlin nach Unterföhring verkündet wurde, wurde der Sender einmal mehr von vielen Beobachtern endgültig abgeschrieben. Sat.1 werde seine Seele verlieren, nicht mehr das sein, was es bisher war, lauteten die Mahnungen nicht zuletzt aus der Berliner Sat.1-Belegschaft selbst. Doch wenn man sich das Bild, das der Sender in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit abgegeben hatte, anschaut, dann war das vielleicht gar nicht das schlechteste für Sat.1. Der neue Geschäftsführer Guido Bolten schaffte es, in den letzten Monaten tatsächlich so etwas wie Aufbruch- statt Endzeitstimmung zu schaffen - nicht zuletzt, weil offenbar auch die Konzernoberen begriffen haben, dass man eben Geld in die Hand nehmen muss, wenn der Sender nicht weiter Richtung Bedeutungslosigkeit absinken will.
Und so durfte Sat.1 in den letzten Monaten nicht nur das größte Live-Fußballpaket aller Zeiten im Free-TV einkaufen, die Reaktivierung der Kult-Marke "ran" beschließen und mit Oliver Pocher und Johannes B. Kerner zwei sicher nicht ganz billige Personal-Coups landen, sondern konnte auch bei der Präsentation des neuen Programms für die kommende TV-Saison am Donnerstag in Düsseldorf mit weiteren Überraschungen aufwarten. Die größte inhaltliche Überraschung ist dabei sicherlich die Ankündigung, dass sich Sat.1 noch in diesem Herbst an eine zweite tägliche Serie wagen wird.
Neben "Anna und die Liebe", das Sat.1 angesichts der nach einem sehr schwachen Start zuletzt deutlich gestiegenen Quoten auch weiterhin fortsetzen wird, startet zusätzlich "Eine wie keine", so der derzeitige Arbeitstitel. Die Hauptrolle in der Serie übernimmt die Schauspielerin Marie Zielcke. Auch wenn Sat.1 den Begriff Telenovela nicht in den Mund nimmt: Die Story klingt schon sehr danach. Zielcke spielt die junge Frau Manuela Barlett, die nach acht Jahren Ehe lernen muss, auf eigenen Beinen zu stehen. Als sie gerade dabei ist, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, lässt ihr Ex-Mann ihr das Sorgerecht für ihren Sohn entziehen, das sie sich im Lauf der Serie zurückerkämpfen will. Die Serie spielt insgesamt in der Hotel-Branche.
Joachim Kosack, Bereichsleiter Deutsche Fiction bei Sat.1: "Unsere neue Daily Soap greift das klassische Cinderella-Prinzip auf. Allerdings geht sie ihren Weg von ganz unten nicht demutsvoll, sondern nimmt sich, was ihr zusteht." In der Tatsache, dass sie um ihren Sohn kämpft, der ihr zu Beginn der Serie weggenommen wird, sieht Kosack "eine bisher einmalige und besonder spannende Ausgangsposition für eine deutsche Daily Soap". Produziert wird die Serie von Grundy UFA/Phönix Film.
Um die Aufbruchsstimmung auch nach Außen zu symbolisieren, verpasst Guido Bolten seinem Sender zudem nur zwei Jahre nach dem letzten Relaunch schon wieder ein völlig neues Outfit. Man wolle "mit einem komplett neuen und zeitgemäßen Auftritt den Fernsehgenuss der Zuschauer wieder bunter, lebensfroher und positiver gestalten", so Sat.1-Chef Guido Bolten. Auch einen Claim bekommt der Sender wieder: Nachdem zuletzt nur das Wort "Mehr" in Zusammenhang mit weiteren Begriffen benutzt wurde, lautet der neue Slogan von Sat.1 künftig: "Colour your Life!".
Details gibt es unterdessen auch noch zu den prominenten Neuverpflichtungen Pocher und Kerner. Pochers Late Night Show wird kurz und knapp unter dem Titel "Die Pocher Show" laufen. Zu sehen sein wird sie offenbar am Freitagabend um 22:15 Uhr, wie Pocher zumindest in einem Nebensatz andeutete. Auch das wöchentlichen Kerner-Magazin hat inzwischen einen Titel: "Kerner Live". Zu sehen sein wird es wohl montags. Zudem ist nun auch klar, dass Johannes B. Kerner auch nach seinem Weggang vom ZDF einen Jahresrückblick präsentieren wird. Die Sat.1-Version, die sich dann mit "Menschen" im ZDF und Jauchs "Menschen! Bilder! Emotionen!" messen muss, hört auf den Titel "Das war 2009!"